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Teilzeitausbildung zur Pflegefachkraft

Foto: Junge Frau

"Wir wollen Familienfreundlichkeit leben. Ausbildung in Teilzeit gehört dazu."

ESF-Programm TEP unterstützt Teilzeitberufsausbildung in der stationären und ambulanten Pflege – Unternehmen zeigen sich als familienfreundliche Arbeitgeber – Chance zum Berufseinstieg für Erziehende

Die Ausbildung zur Pflegefachkraft in Teilzeit ist machbar. Das zeigen zwei Pflegeunternehmen in der StädteRegion Aachen, die zwei alleinerziehende Mütter in Teilzeit ausbilden. Erfolg ist garantiert: Die Auszubildenden haben eine sichere Beschäftigungsperspektive und die Unternehmen gewinnen dringend gesuchte Fachkräfte. Das ESF-Programm TEP begleitet bei der Umsetzung der familienfreundlichen Ausbildungsform.

Teilzeitberufsausbildung in der Pflege – Gute Praxis in der StädteRegion Aachen

Pflegefachkräfte sind gefragt und Nachwuchs wird dringend gebraucht. Eine Ausbildung in Teilzeit bringt beides zusammen und schafft Zukunftsperspektiven, das zeigen zwei Pflegeeinrichtungen in der StädteRegion Aachen. Mit Hilfe des ESF-geförderten Programms TEP – „Teilzeitberufsausbildung - Einstieg begleiten - Perspektiven öffnen“ setzen sie erstmals die familienfreundliche Ausbildungsform um und bilden zwei alleinerziehende Mütter in Teilzeit zur Pflegefachkraft aus.

Das Programm TEP, in der StädteRegion Aachen vom Verein für allgemeine und berufliche Weiterbildung (VabW e.V.) in Kooperation mit dem Sozialwerk Aachener Christen umgesetzt, hat dabei die Türen geöffnet und passgenau vermittelt.

"Auf Anhieb gepasst" - Teilzeitberufsausbildung im Haus Aurelius der Heinrichs-Gruppe

Das Familienunternehmen Heinrichs Gruppe ist einer der führenden privaten Anbieter von Dienstleistungen im Pflegebereich in der Region, seit 2009 gehört das Haus Aurelius SZB Aachen als stationäre Altenpflegeeinrichtung dazu. Vor drei Jahren startete hier - quasi als Pilotprojekt - die erste Ausbildung in Teilzeit, vermittelt über den TEP-Träger VabW e.V.

Der Arbeitgeber: Fachkräfte sichern und Familienfreundlichkeit leben

„Auf Anhieb hat hier alles gepasst und die Ausbildung funktioniert sehr gut“, sagt die Leiterin des Haus Aurelius, Kerstin Sliepen. „Nach dem Abschluss sind wir sehr interessiert, die Auszubildende als Fachkraft einzustellen, die ersten Gespräche laufen schon.“ Die Teilzeitberufsausbildung sieht die Einrichtungsleiterin als Chance, um die Personalarbeit weiterzuentwickeln und künftige Fachkräfte zu sichern. Vor allem aber betont sie: „Wir sind als familienfreundlicher Arbeitgeber zertifiziert und sehen uns in der Pflicht, Familienfreundlichkeit zu leben. Dazu gehört, Familie und Beruf in Einklang bringen zu können, und damit auch das Angebot einer Teilzeitausbildung.“

Zitat:
"Wir sehen uns in der Pflicht, Familienfreundlichkeit zu leben. Dazu gehört, Familie und Beruf in Einklang bringen zu können, und damit auch das Angebot einer Teilzeitausbildung.“

Entsprechend aufgeschlossen und entgegenkommend wird die insgesamt vierjährige Teilzeitberufsausbildung im Haus Aurelius umgesetzt: Mit individuellem Dienstplan, festen Arbeitszeiten in der Frühschicht und - sofern die Kinderbetreuung sichergestellt ist - an jedem zweiten Wochenende. Neben einer flexiblen Dienstplangestaltung seien aber auch die Information der anderen Mitarbeitenden über die Ausbildungs- und Arbeitszeitbedingungen und die regelmäßige Kommunikation mit den Auszubildenden wichtige Erfolgsfaktoren, erläutert der Ausbildungs- und Pflegedienstleiter Tobias Gillissen. „Für uns ist die jetzige Teilzeitausbildung eine Art Pilotprojekt, um diese Ausbildungsform auch künftig anzubieten. Das ist eine tolle Sache und Anfragen, vor allem von Alleinerziehenden, haben wir schon viele.“

Die Auszubildende: Ausbildung ist machbar, auch mit Kind

Bereits nach dem Hauptschulabschluss stand für Jennifer Maria Cremer der Berufswunsch fest: eine Ausbildung in der Altenpflege. Mit einiger Verzögerung durch Schwangerschaft und Elternzeit konnte die heute 24-Jährige dank TEP dieses Ziel weiterverfolgen und hat im Haus Aurelius einen perfekten Ausbildungsplatz gefunden. „Ich habe eine 30-Stunden-Woche und mit dem Team und den Vorgesetzten stimmt alles. Ich arbeite gerne hier und kann mir gut vorstellen, nach der Ausbildung zu bleiben. Auch weil man hier immer Rücksicht darauf nimmt, dass ich ein Kind zu versorgen habe.“ Arbeiten, Lernen und Kinderbetreuung kann die junge Frau so gut vereinbaren, nicht zuletzt mit Hilfe der Familie, die sie bei Bedarf unterstützt und bei der Betreuung des inzwischen fünfjährigen Sohnes einspringt. Gefragt ist das vor allem, wenn sie für den theoretischen Block der Ausbildung zur Berufsschule ins entfernte Düren fahren muss.

Zitat:
"Die Ausbildung ist für mich eine wertvolle Erfahrung und ich bin viel selbstbewusster geworden. Ich kann das nur weiterempfehlen: Ausbildung ist machbar, auch mit Kind.“

Die Mühen des Berufseinstiegs lohnen sich, davon ist Jennifer Maria Cremer überzeugt: „Ich bin stolz darauf, was ich bisher geschafft habe. Es ist nicht immer leicht, aber ich habe viel gelernt und bin selbstbewusster geworden. Die Arbeit hier mit den Menschen gibt mir viel zurück und ich habe das Gefühl, gebraucht zu werden. Die Ausbildung ist für mich eine wertvolle Erfahrung. Ich kann das nur weiterempfehlen: Ausbildung ist machbar, auch mit Kind.“

Im Rahmen des Projekts TEP ist die junge Frau ein halbes Jahr lang auf Ausbildung und Berufseinstieg vorbereitet worden. Neben Bewerbungs-, Finanz- und Kinderbetreuungsfragen war in diesem Fall auch zu klären, wo der theoretische Block der Ausbildung passend zur Teilzeitausbildung absolviert werden kann. Denn für das Gelingen einer Teilzeitausbildung muss beides vorhanden sein: Ein betrieblicher Ausbildungsplatz in Teilzeit und ein an Teilzeit angepasstes Kursangebot für den theoretischen Teil der Fachausbildung.

Teilzeitausbildung und Übernahme als Fachkraft beim ambulanten Pflegedienst home sweet home

Der ambulante Pflegedienst home sweet home (hsh) wurde 2012 gegründet und ist im Kreis Aachen ein unabhängiger privatrechtlicher Anbieter der Kranken- und Seniorenpflege. Die TEP-Teilnehmerin Ramona Sadowski, alleinerziehende Mutter eines inzwischen 15-jährigen Sohnes, hat hier ihre große Chance bekommen und sie bestens genutzt.

So hat sie beim Pflegedienst nicht nur die Teilzeitberufsausbildung absolviert, sondern wurde auch direkt nach dem Abschluss als examinierte Fachkraft eingestellt. „Die Ausbildung in der ambulanten Pflege fand ich sehr interessant und abwechslungsreich. Vom Team und meinem Chef bin ich die vier Jahre gut begleitet worden und habe alle notwendige Unterstützung bekommen“, sagt die 32-Jährige rückblickend. „Insgesamt ist es für mich wunderbar gelaufen. Ich bin heute sehr froh darüber, dass ich diesen Weg gegangen bin und durchgehalten habe. Am Anfang gab es in meinem Umkreis viel Skepsis und auch Gegenwind, als ich so spät noch eine Ausbildung anfangen wollte. Das war schon hart, aber ich habe es geschafft. Für eine Ausbildung ist es nie zu spät.“

Zitat:
"Die Teilzeitausbildung dauert zwar länger, aber in der Qualität macht es keinen Unterschied. Ich bin gerne bereit, eine solche Ausbildung noch einmal durchzuführen."

Voll qualifiziert – "Chance für beide Seiten"

Ihr Chef und Gründer des hsh-Pflegedienstes, Izet Porrmann, hat inzwischen weiterführende Pläne und möchte Ramona Sadowski zur Praxisanleiterin weiterbilden, auch weil demnächst eine weitere Teilzeitberufsausbildung starten soll. „Frau Sadowski hat die notwendige Erfahrung und wird das sicher gut weitergeben können. Wir brauchen Fachkräfte und Ausbildung in Teilzeit ist eine tolle Chance für beide Seiten. Deshalb bin ich gerne bereit, eine solche Ausbildung noch einmal durchzuführen. Im Vergleich zur Vollzeitausbildung dauert es zwar länger, aber in der Qualität macht es keinen Unterschied“, so Izet Porrmann, selbst examinierter Altenpfleger und Pflegewissenschaftler.
Überhaupt sind ihm Fachkräfte wichtig. Denn nur so, ist er überzeugt, lasse sich in der Pflege „mit Qualität und Sachverstand“ arbeiten.

Vernetzung der Akteure – "Bei uns in der Region läuft es gut"

Für den Trägerverein VabW e.V. hat Projektkoordinatorin Sabine Bußmann seit 2011 das Programm „Teilzeitberufsausbildung - Einstieg begleiten - Perspektiven öffnen“ (TEP) mit aufgebaut. Nach ihrer Erfahrung würden die meisten Teilnehmenden ohne TEP keinen Ausbildungsplatz finden. Zu groß sei der Unterstützungsbedarf der vorwiegend jungen Alleinerziehenden in allen Fragen des Berufseinstiegs, angefangen bei der Organisation der Kinderbetreuung, Bewerbungsfragen bis hin zur Begleitung während der ersten Ausbildungsmonate.

Vor allem die Vermittlung in Praktika und die Kontaktaufnahme zu möglichen Ausbildungsbetrieben gelingt mit Hilfe des TEP-Trägers deutlich besser. „Viele Betriebe wissen über Teilzeitausbildung wenig und schätzen unsere Begleitung und Beratung gerade am Anfang der Ausbildung“, so die Projektkoordinatorin. „Wir öffnen Türen und mit einer Vermittlungsquote von bis zu 90 Prozent sind wir sogar ganz erfolgreich.“

Ein besonderes Plus bei der Umsetzung der Teilzeitberufsausbildung ist die gute Vernetzung aller Akteure in der Region. „Wir sind breit aufgestellt und die Netzwerke sitzen an einem Tisch, wenn es darum geht, Probleme zu lösen oder Transparenz herzustellen.“ Nicht zuletzt aufgrund der guten Zusammenarbeit ist es nun zum zweiten Mal gelungen, einen kompletten Fachkurs zur Altenpflegeausbildung in Teilzeit auf den Weg zu bringen. „Bei uns in der StädteRegion“, sagt dazu Projektkoordinatorin Sabine Bußmann, „läuft es einfach gut“