Die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber als Normadressatin oder Normaladressat der Gefahrstoffverordnung hat im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung mit der allgemeinen Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach §5 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) festzustellen, ob die Beschäftigten Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ausüben oder bei Tätigkeiten Gefahrstoffe entstehen oder freigesetzt werden können. Sollte dies der Fall sein, so sind alle von den Gefahrstoffen ausgehenden Gefährdungen der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu beurteilen und mit geeigneten und wirksamen Maßnahmen zu begegnen. Da für eine sachgerechte Beurteilung der stoffbedingten Gefährdungen eine entsprechende Expertise erforderlich ist, muss dies unter Beteiligung einer fachkundigen Person erfolgen. Dies kann mitunter einer der nach dem Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) bestellten Akteure, z. B. die Fachkraft für Arbeitssicherheit oder die Betriebsärztin bzw. der Betriebsarzt sein.
Sofern weder der Stoff noch das Arbeitsverfahren ersetzt (substituiert) werden können, hat die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber die Gefährdungen für Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten auf ein Minimum (Minimierungsgebot) zu reduzieren. Die Minimierung der Gefährdungen ist vorrangig durch technische Schutzmaßnahmen an der Gefahrenquelle sowie nachrangig durch organisatorische und individuelle, persönliche Schutzmaßnahmen sicherzustellen. Dieses Prinzip bzw. die Rangfolge der Schutzmaßnahmen wird als sogenanntes STOP-Prinzip bezeichnet.
Mögliche Maßnahmen gegen gefahrstoffbedingte Gefährdungen können sein:
- Anwendung kollektiver Schutzmaßnahmen technischer Art an der Gefahrenquelle, wie angemessene Be- und Entlüftung, Einhausung und/ oder Kapselung, Absaugung.
- Organisatorische Schutzmaßnahmen, wie angemessene Unterweisung und Begrenzung der Expositionsdauer und -häufigkeit.
- Persönliche Schutzmaßnahmen, wie die Bereitstellung von geeigneter persönlicher Schutzausrüstung (PSA).
Die Wirksamkeit der getroffenen Schutzmaßnahmen hat die Arbeitgeberin bzw.der Arbeitgeber regelmäßig zu überprüfen. Dies kann z. B. bei inhalativer Exposition messtechnisch oder in einigen Fällen auch rechnerisch durch die Anwendung geeigneter Rechenmodelle erfolgen. Eine Aussage über die Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen liefern hier die im Technischen Regelwerk verankerten Arbeitsplatzgrenzwerte bzw. Akzeptanz- und Toleranzkonzentrationen beim Umgang mit krebserzeugenden Gefahrstoffen. Eine weitere, teils sehr individuelle Aussage über die Wirksamkeit der ergriffenen Schutzmaßnahmen kann ein Biomonitoring, welches auch Teil der arbeitsmedizinischen Vorsorge nach der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) sein kann, liefern.
Je nach Gefährdungspotential gibt die Gefahrstoffverordnung der Arbeitgeberin bzw. dem Arbeitgeber über „Allgemeine Schutzmaßnahmen“ und „Zusätzliche Schutzmaßnahmen“ auch „Besondere Schutzmaßnahmen“ vor. Besondere Schutzmaßnahmen sind beispielgebend bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden, keimzellmutagenen, und reproduktionstoxischen Gefahrstoffen der Kategorie 1A und 1B die Anwendung eines risikobezogenen Maßnahmenkonzeptes. Als besondere Schutzmaßnahmen vor physikalisch-chemischen Einwirkungen, insbesondere gegen Brand- und Explosionsgefährdungen, sind Vorgaben des primären, sekundären und tertiären Explosionsschutzes im Betrieb umzusetzen.