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Fachkräftetour – Interview Regionalagentur Aachen

Leiter der Regionalagentur Aachen Simon Zabel

„Wir müssen schneller werden“ - Interview zur Fachkräftesituation in der Region Aachen

Leiter der Regionalagentur Aachen Simon Zabel im arbeit.nrw-Interview

Die Regionalagentur Aachen unterstützt auf regionaler Ebene die Fachkräfteoffensive des Landes. Der Leiter der Regionalagentur Simon Zabel erläutert im Interview die Herausforderungen vor Ort.

ARBEIT.NRW: Herr Zabel, die Regionalagentur Region Aachen hatte am Besuchstag von Minister Laumann den „Fach- und Arbeitskräfte-Summit“ organisiert. Wie ist die Lage am Arbeits- und Fachkräftemarkt speziell in der Region Aachen?

Simon Zabel: Viele Unternehmen in der Region sind vom Fachkräftemangel betroffen und suchen händeringend Mitarbeitende. Das betrifft mittlerweile so gut wie alle Branchen und Qualifikationsstufen. Im letzten Jahr verzeichnete die Arbeitsagentur im Agenturbezirk Aachen/Düren, das sind ungefähr vier Fünftel der Gesamtregion, 10 000 unbesetzte Stellen. Wir als Regionalagentur kennen die besonderen Herausforderungen unserer Region, die neben der Versorgung mit Fach- und Arbeitskräften auch die digitale Transformation und den Strukturwandel im Rheinischen Revier umfassen. Als zentrale Schnittstelle zwischen Landesarbeitsministerium und Region arbeiten wir mit regionalen Partnerinnen und Partnern an gemeinsamen Lösungen und füllen die Fachkräfteoffensive des Landes durch konkrete Initiativen und Maßnahmen hier vor Ort mit Leben.

ARBEIT.NRW: Was hat die Regionalagentur bislang, also bereits vor der Veranstaltung, im Handlungsfeld Fachkräftesicherung unternommen?

Simon Zabel: Wir haben ein regionales Handlungskonzept entwickelt, das zunächst unsere spezifischen regionalen Herausforderungen in diesem Handlungsfeld systematisch auflistet. Dazu gehören ein sinkendes Erwerbspersonenpotential, eine hohe Anzahl an ukrainischen Kriegsgeflüchteten, ein hoher, über dem Landesschnitt liegender Anteil an Langzeitarbeitslosen, eine Frauenerwerbstätigkeit unter und Teilzeitquoten über dem Durchschnitt in NRW. Zu berücksichtigen sind des Weiteren der Strukturwandel, die Transformation und der Digitalisierungsgrad in unseren meist kleinen und mittleren Unternehmen. Auffällig sind zudem die hohe Zahl an Abiturientinnen und Abiturienten, die geringe Zahl an ausländischen Absolventinnen und Absolventen, die in der Region verbleiben, sowie die Nachwuchsprobleme bei dualen Ausbildungsberufen. Daraus haben wir Prioritäten für das weitere Vorgehen abgeleitet.

ARBEIT.NRW: Was sind Ihre Prioritäten?

Simon Zabel: Das sind u.a. Aktivitäten zur beruflichen Integration Zugewanderter, die Teil- und modulare Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen, die Entwicklung von Formaten zur Unterstützung der Digitalisierung in KMU sowie von Angeboten zur Steigerung der Attraktivität der dualen Ausbildung insbesondere an Gymnasien, des Weiteren das Aufschließen von KMU für Azubis mit Unterstützungsbedarf und Maßnahmen zur Verbesserung der Frauenerwerbstätigkeit.

All das haben wir im Einzelnen ganz detailliert konkretisiert und im „Ausschuss für (eu)regionale Arbeit, Fachkräftesicherung, Bildungs- und Wissensregion des Region Aachen Zweckverband“ vorgestellt, diskutiert und zur Beschlussfassung gebracht. Die Chance, dass wir bei der Umsetzung der Pläne erfolgreich sind, ist groß, denn in diesem Ausschuss sind alle relevanten Akteure der Region vertreten. Neben politischen Vertretern aus den Gebietskörperschaften sind das unter anderem die Kammern, die Agenturen für Arbeit und Jobcenter, der DGB und die Hochschulen sowie der Verein „Pro Arbeit“, Arbeitgeberverbände und die Vertreterin für Gleichstellungspolitik. Damit haben wir auf regionaler Ebene ein Äquivalent zum Bündnis der Partner in der Fachkräfteoffensive NRW auf Landesebene.

ARBEIT.NRW: Welche Erkenntnisse haben Sie bei der Veranstaltung gewonnen und was ergibt sich daraus für Ihre weitere Arbeit im Rahmen der Fachkräfteoffensive?

Simon Zabel: Illustriert hat die Veranstaltung, dass es in unserer Region auf Ebene der Gebietskörperschaften ganz unterschiedliche Herausforderungen gibt. Auch hier gibt es ein Stadt-Land-Gefälle, unterschiedliche Sozial- und Altersstrukturen der Bevölkerung sowie Unterschiede hinsichtlich des Qualifikationsniveaus. In der Stadt Aachen gibt es viele Akademikerinnen und Akademiker, die aber nicht alle in der Region bleiben wollen und im ländlichen Raum haben wir teils noch Mobilitätsprobleme.

Verfestigt hat sich mit der Veranstaltung zudem die Erkenntnis, dass das Potential von Frauen, von denen viele gar nicht, in Minijobs oder „nur“ in Teilzeit arbeiten, noch unausgeschöpft ist. Doch um das Potential nutzen zu können, müssen die Rahmenbedingungen stimmen, müssen genügend Betreuungsplätze für kleine Kinder vorhanden sein und wir müssen uns um das Thema Pflege von Angehörigen kümmern. Ganz wichtig ist der Aspekt Wohnraum. Wer Fachkräfte haben will, muss ihnen Wohnraum zur Verfügung stellen können. Gleichzeitig gilt, was der Minister gesagt hat: Wir müssen bei der Beseitigung des Fachkräftemangels auch schneller werden, doch dem stand bislang - Beispiel Eingliederung von zugewanderten Menschen in den Arbeitsmarkt - oft Bundesrecht im Weg.

Daraus wird ersichtlich, dass es beim Thema Fachkräftesicherung eigentlich um ganz viele Themen geht und deshalb ist es richtig, dass bei der Fachkräfteoffensive auf Landes-, aber auch auf regionaler Ebene gleich mehrere Ressorts beteiligt sind. Als Regionalagentur sorgen wir unter anderem dafür, dass die Förderprogramme des Landes wie zum Beispiel das neue Programm „Ausbildungswege NRW“ in die Region getragen werden, denn sie sind ein wichtiger Baustein im Gesamtgefüge der Fachkräfteoffensive NRW, und wir organisieren den Transfer der in den einzelnen Gebietskörperschaften entwickelten Lösungsansätze in die Gesamtregion, so dass alle davon profitieren.

Fachkräftetour - Minister Laumann in Aachen, Bericht und Fotogalerie