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Lohnhallengespräch der G.I.B. zum Thema Green Deal NRW

Mann steht vor einer Präsentationstafel

Lohnhallengespräch Green Deal NRW - Veränderungsbalance bei der grünen Transformation

G.I.B.-Lohnhallengespräch, kofinanziert mit Mitteln der Europäischen Union

Das G.I.B.-Lohnhallengespräch zum Thema Green Deal NRW informierte zur grünen Transformation und zeigte Ansatzpunkte für Unternehmen und Betriebe, um klug zu handeln. „Die grüne, digitale Transformation in Verbindung mit der demografischen Entwicklung ist nicht eins von vielen Themen, sondern das entscheidende Thema“, so G.I.B.-Geschäftsführer, Torsten Withake.

Green Deal - Wie Unternehmen klug handeln können

Unabhängig von Branche und Größe: An Klimaschutz und Nachhaltigkeit führt für Unternehmen kein Weg vorbei. Der European Green Deal mit seinen rechtlichen Anforderungen an Unternehmen und der daraus abgeleitete Green Deal NRW mit dem Ziel Klimaneutralität bis 2050 sind richtungweisend.

Daran ließ Torsten Withake, Geschäftsführer der G.I.B., beim Lohnhallengespräch am 21.11.2023 in seiner Begrüßungsrede keinen Zweifel: „Die grüne, digitale Transformation in Verbindung mit der demografischen Entwicklung ist nicht eins von vielen Themen, sondern das entscheidende Thema.“ Unternehmen sind gefordert, so der Geschäftsführer weiter, „gute, pfiffige Ideen zu entwickeln, die sich am Markt behaupten und dazu brauchen sie jede und jeden, ohne Wenn und Aber.“

Damit war die Brücke geschlagen von Ökonomie und Ökologie zu Arbeit und Fachkräfteoffensive. Zwischen all dem besteht ein direkter Zusammenhang und genau das macht die Herausforderung so komplex. „Einfache Wege kann man alleine finden“, so Torsten Withake, „doch hier sind Austausch, Kooperation und ein gemeinsames Leitbild gefragt“. Gleichzeitig regten er sowie Dr. Katja Nink und Andreas Bendig von der G.I.B., die beide das Lohnhallengespräch moderierten, für die Ideenentwicklung und Umsetzung in diesem Handlungsfeld eine veränderte Grundhaltung an: vom „Wir müssen“ zum „Wir wollen“.

Die Aufforderung diente indes keineswegs der Beschönigung, sondern resultierte aus der Erkenntnis, dass in der grünen Transformation echte Chancen liegen für die Unternehmen. Das sollte sich im weiteren Veranstaltungsverlauf noch zeigen.

Kompetenzen und Innovationsräume schaffen

Doch nur wer die Ausgangslage kennt, kann passende Lösungen entwickeln. Zunächst also waren Daten und Fakten gefragt. Die lieferte Prof. Dr. Christa Liedtke vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. Sie nahm die Unternehmen, zugleich aber auch die „Stoffströme“ der ganzen Welt in den Blick, denn klar ist für sie: „Ohne globale Ressourcengerechtigkeit gibt es keine Zukunft.“

Nach ihren Angaben verursachen Abbau und Verarbeitung natürlicher Rohstoffe rund 50 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen und 90 Prozent des Biodiversitätsverlusts. Dabei ist viel Verschwendung im Spiel: Den Gesamtwert gekaufter, aber ungenutzter Produkte allein in Deutschland schätzte sie auf über 50 Milliarden Euro. Aufhorchen ließ hier ein Satz von ihr, der pointiert einen Veränderungsbedarf beim Konsumverhalten signalisiert: „Jedes Produkt hat das Recht auf Nutzung.“

Umso wichtiger der Aufbau einer Circular Economy, einer Kreislaufwirtschaft. Sie hat „über ökologische und klimapolitische Dimensionen und Ziele hinaus eine wichtige industriepolitische, wirtschaftsstrategische und gesellschaftspolitische Bedeutung zur Stärkung von Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit.“ Eine der Stellschrauben ist dabei das Recycling, also die Rückführung von Materialien in die Wirtschaft zur erneuten stofflichen Nutzung. Andere sind Sharing Economy, Langlebigkeit von Produkten und deren Nutzungsintensität.

Kreislaufwirtschaft ist in ihren Augen eine „Geschäftschance“. Zugleich appellierte sie an Unternehmen, „Strategien zur Reduzierung von Material- und Betriebsemissionen“ zu entwickeln – immer gemeinsam mit den Beschäftigten. Unabdingbar dafür seien „Kompetenzen, Innovationsräume und geeignete Rahmenbedingungen“. Sie zu schaffen, sei Aufgabe von Unternehmen und Beschäftigten wie auch der Politik.

Veränderungsbalance gestalten

Da passte es genau, dass Michaela Evans. Direktorin des Forschungsschwerpunkts Arbeit & Wandel am Institut Arbeit und Technik (IAT), den Fokus auf die Perspektiven der Arbeit im Kontext Green Deal richtete. Sie erwartet positive Arbeitsmarkteffekte in Folge des Green Deals sowie neue und erweiterte Qualifikations- und Kompetenzprofile.

„Neben technischen und naturwissenschaftlichen Fähigkeiten im Umgang mit neuen Technologien spielen auch übergreifende Kompetenzen wie Veränderungsbereitschaft, Lernbereitschaft, Kommunikations- und Innovationsfähigkeit, interkulturelle Kompetenzen und ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Umweltschutz eine zentrale Rolle“, führte die Wissenschaftlerin aus. „Angesichts der doppelten Transformation gewinnen zudem digitale Anwendungs- und Grundkompetenzen an Bedeutung.“ Gebraucht werden für die „Grüne Wirtschaft“ also Fachkräfte in Berufen, die schon heute auf dem Arbeitsmarkt nur schwer zu finden sind.

Gleichzeitig warnte sie davor zu ignorieren, „dass die ökologische Transformation für viele Unternehmen und Beschäftigte auch mit Unsicherheit, Abstiegsängsten und Zukunftssorgen verbunden sind.“ Um dem zu begegnen, bedarf es „agilerer, vorausschauender Formate der betrieblichen Personalentwicklung und die Weiterentwicklung regionaler Governance-Strukturen für Weiterbildung, Qualifizierung und Vereinbarkeit.“

Auf betrieblicher Ebene wiederum gilt es, eine „Veränderungsbalance“ herzustellen und über die „Limitierung von Veränderungen“ zu sprechen, damit Wandel keine Abwehrreaktionen oder gar Resignation bewirkt. Unternehmerisches Engagement für Klimaschutz und nachhaltige Arbeit, zeigte sie sich sicher, „sind auf jeden Fall Chance für Arbeitgeberattraktivität und Standortsicherung.“

Ökologisches Mindset bilden

Gleich nach der Wissenschaft kam die Praxis zu Wort und dokumentierte, wo und wie der Einstieg in die grüne Transformation bereits gelungen ist.

Im Projekt „Ökologisches Wirtschaften“ zum Beispiel. Hier hatten die Berater Dr. Kurt-Georg Ciesinger von der Deutschen Angestellten-Akademie (DAA) und Andreas Franke von der mpool consulting GmbH zusammen mit Unternehmen den Gedanken der „Veränderungsbalance“ schon früh aufgegriffen: „Menschen sind selten sofort begeistert von Veränderungen, denn sie bedrohen nicht nur die Komfortzone, sondern entwerten auch Expertise und Erfahrung.“

Ziel muss also sein, ein „ökologisches Mindset“ zu entwickeln. In diesem Kontext hat das Projekt Tools entwickelt, um „Menschen in den Unternehmen auf dem Weg in eine grüne Wirtschaft zu motivieren und handlungsfähig zu machen“. Dazu zählen Awareness-Seminare für Führungskräfte und Mitarbeitende, Workshops zur Entwicklung von Handlungsplänen und die App „EcoMindset“ sowie das Basismodell „Green Employer“.

Das entwickelte Vorgehensmodell zur Gestaltung des betrieblichen Veränderungsprozesses hin zu einem umweltbewusster handelnden Unternehmen erleichtert den Betrieben den Einstieg. In einer abschließenden Runde mit Pilotunternehmen wurde anhand konkreter betrieblicher Praxisbeispiele tiefergehend diskutiert, wie Unternehmen sich konkret auf den Weg machen können. Klar wurde hier, dass sich der eingangs gewünschte Wandel vom „Wir müssen“ zum „Wir wollen“ mit einem „Wir können“ fortsetzen lässt.

Als nächstes gab Nachhaltigkeitsökonom Dr. Christoph Harrach Einblick in die Erfolge des Projekts „Akademie für Gemeinwohl im ländlichen Raum“ (AGIL). Entstanden ist hier ein ganz praxisnaher „Transformations-Leitfaden Nachhaltigkeit & Gemeinwohl“ für kleine und mittlere Unternehmen sowie ihre Beraterinnen und Berater. Bestandteil des Angebots ist eine „Gemeinwohl-Matrix“, ein Modell zur Organisationsentwicklung und Bewertung von unternehmerischen wie auch gemeinnützigen Tätigkeiten.

Speziell einer Branche widmete sich anschließend Prof. Dr. Joachim Hafkesbrink von der innowise GmbH mit seiner Frage, ob die Logistikbranche „grün“ werden kann. Wie hochgradig aktuell die Frage ist, beweist die „Tatsache, dass der Verkehr in Deutschland mit knapp 20 Prozent zu den energiebedingten Treibhausgasemissionen beiträgt und Nordrhein-Westfalen Standort ist für die größte Anzahl von Speditionsunternehmen in Deutschland.“

Doch der Experte beließ es nicht bei Hinweisen auf den Handlungsbedarf, sondern wies nach, dass sich CO2-Emissionen in der Speditionslogistik durch Digitalisierung um zehn bis dreißig Prozent reduzieren lassen. Sein Fazit: „Größere Unternehmen haben ausreichende Ressourcen und Know-how zur Umsetzung von Digital Green Logistics. Kleine und mittlere Unternehmen benötigen praktikable Handlungshilfen.“ Professor Hafkesbrink ist sich sicher: „Durch das Umweltbewusstsein der Generation Z und durch Compliance-Anforderungen der Versender entwickelt sich zunehmend ein Nachfragedruck auf Grüne Logistik.“