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Fachkräftetour – Märkische Region

Mann am Rednerpult

Minister Laumann auf Fachkräftetour in der Märkischen Region - Fachkräftenachwuchs für die Betriebe

Auf seiner Fachkräftetour besuchte Minister Karl-Josef Laumann am 20. Juni 2024 die Märkische Region. Hier ist aktuell mehr als ein Viertel aller Beschäftigten 55 Jahre oder älter. Das Fachkräfteproblem wird sich also in naher Zukunft verschärfen. Eine der Lösungen: Mehr Ausbildung!

Passender könnte eine Station für die Fachkräftetour von Minister Karl-Josef Laumann nicht sein: die Ausbildungsmesse in Hagen. Ihr Zweck ist, Unternehmen mit Schülerinnen und Schüler zusammenzubringen. Das entspricht exakt dem Ziel der Fachkräfteoffensive NRW. Sie will so viele junge Leute wie möglich in Ausbildung führen und keinen verlieren.

Beim Rundgang über das Messegelände verschaffte sich der Minister im Gespräch mit Führungskräften kleiner und mittlerer Unternehmen sowie mit jungen Menschen einen unmittelbaren Eindruck von den Wünschen, Bedarfen und Aktivitäten im regionalen Ausbildungsgeschehen. Beeindruckt zeigte er sich von den praktischen Aufgaben, die Unternehmen an ihren Messeständen für Schülerinnen und Schüler entwickelt hatten, um deren Berufsorientierung und Berufswahl zu unterstützen und sie zugleich über freie Praktikums- oder Ausbildungsplätze zu informieren.

Umfassende Strategie

„Die auf der Messe präsentierten Ansätze sind der Schlüssel zur Bewältigung der vielfältigen Herausforderungen bei der Fachkräfte- und Nachwuchsgewinnung“, so Hagens Oberbürgermeister Erik O. Schulz in seiner Begrüßungsrede beim anschließenden Fachkräftekongress, bevor der Minister die umfassende Strategie der Fachkräfteoffensive NRW erläuterte. Zu deren Bestandteilen zählt – allem voran – das Thema Ausbildung. Aus gutem Grund, wie am Beispiel der Märkischen Region gut zu erkennen ist: Obwohl hier die Ausbildungsbetriebsquote 2022 über dem NRW-Durchschnitt lag, wurden jüngst zehn Prozent weniger Ausbildungsverträge abgeschlossen als noch vor wenigen Jahren. Eine der Ursachen ist, dass viele Schülerinnen und Schüler bis zu vier Jahre im Übergangssystem verharren.

Darauf hat das Land reagiert, fördert Coaching und Begleitung junger Menschen beim Übergang von der Schule in den Beruf. Allein in der Märkischen Region sind im Rahmen der Förderprogramme „Übergangslotsen“, „Ausbildungswege NRW“ und „Berufseinstiegsbegleitung“ insgesamt 49 Coaches im Einsatz.

Ein weiterer Aspekt der Fachkräfteoffensive, fuhr der Minister fort, betrifft die bessere Ausschöpfung des inländischen Beschäftigungspotentials. Dazu zählen allein in der Märkischen Region aktuell rund 41.400 arbeitslose Personen. Eine gemeinsame Vermittlungsoffensive mit den kommunalen Jobcentern will deshalb die Integration von Menschen im Bürgergeldbezug auf dem Arbeitsmarkt erhöhen und so dem Fach- und Arbeitskräftemangel entgegenwirken. „Mit ermutigendem Erfolg“, so Karl-Josef Laumann in seiner Zwischenbilanz.

Zur Fachkräftegewinnung forderte er darüber hinaus, auch Menschen mit Beeinträchtigungen stärker in den Blick zu nehmen. Hierzu haben - nur ein Beispiel - Landesregierung, Unternehmen und Unterstützungssysteme im April eine gemeinsame Initiative gestartet. Sie zielt auf mehr Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.

Gemeinsame Lösungen

Gleich nach dem Minister-Vortrag skizzierten Oberbürgermeister Erik O. Schulz, die stellvertretende Landrätin Sabine Kelm-Schmidt (Ennepe-Ruhr-Kreis) sowie Johanna Muhl von der Regionalagentur Märkische Region ganz differenziert die spezifischen Herausforderungen für die drei Teilregionen: die Stadt Hagen, den Ennepe-Ruhr-Kreis und den Märkischen Kreis. Dabei wurde deutlich: Die verarbeitende Industrie, das Handwerk und die Pflege sind die drei bedeutendsten regionalen Branchen, die vom Fachkräftemangel betroffen sind.

Jetzt standen in einer von Johanna Muhl moderierten Talkrunde Lösungsansätze im Mittelpunkt. Wie kann es gelingen, lautete die Frage, Nachwuchskräfte speziell für diese Branchen zu begeistern? An Ideen und Taten dazu herrscht in der Region kein Mangel, verdeutlichte Dr. Jens Heidenreich, Geschäftsführer der PHOENIX FEINBAU GmbH Co. KG. Er ist zugleich Vorsitzender des Vereins Technikförderung Südwestfalen, der ein Technikzentrum betreibt. In dem außerschulischen Lernort können Schülerinnen und Schüler erste Erfahrungen mit der Herstellung von Produkten gewinnen. Parallel dazu bietet der Verein kleinere, technisch orientierte Formate direkt an den Schulen sowie Ferienkurse an, in denen junge Menschen zum Beispiel an CAD-Maschinen kleinere Schmuckstücke erzeugen können.

Die BIW Isolierstoffe GmbH in Ennepetal wiederum beteiligt sich an der bundesweiten IHK-Ausbildungskampagne „Könnenlernen“. Hier informieren Auszubildende wie Muhammet Ali Sögüt andere junge Menschen in sozialen Medien mittels selbst erstellter kleiner Filme in authentischer Jugendsprache über technische Berufe. Pia Grote, die Personalleiterin des Unternehmens, sieht darin einen erfolgsversprechenden Weg zukünftig mehr junge Menschen für gewerbliche Berufe zu begeistern.

Auch Heinrich Hilker, Geschäftsführer der Heinrich Hilker Dach und Wand GmbH und Lehrlingswart der Dachdeckerinnung, engagiert sich massiv bei der Nachwuchsgewinnung. Im Rahmen der Berufsorientierungsmaßnahme „startbahn zukunft“ besucht er die Schulen, berichtet aus seinem Arbeitsalltag und wirbt für die Ausbildung als Dachdecker. Außerdem bietet er in seinem eigenen Betrieb Schülerinnen und Schülern gleich mehrere Praktikumsplätze an. Einer von denen, die so einen Ausbildungsplatz in ihrem Wunschberuf gefunden haben, ist Jonas Cassel - zukünftige Fachkraft im Dachdeckergewerbe.

Genauso intensiv sind die Anstrengungen zur Nachwuchsgewinnung in der Pflegebranche. Myra Mani, Inhaberin und Geschäftsführerin eines Mobilen Pflegedienstes, arbeitet daran, die Attraktivität der Pflegeberufe zu steigern und Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben, wenn der Bedarf über inländisches Potential nicht zu decken ist. Zugewanderte Fachkräfte unterstützt sie bei der Bewältigung bürokratischer Hürden und bei der Anerkennung ihrer im Ausland erworbenen Berufsabschlüsse. Genauso wirkungsvoll aktiv ist der Verein „Zukunft Pflege Südwestfalen“, ein Zusammenschluss unterschiedlicher Pflegeeinrichtungen, die sich auf dem Arbeitsmarkt als attraktive Arbeitgeber präsentieren.

Spezielle Angebote

Wie aber lassen sich „ausbildungsferne“ Jugendliche für eine Ausbildung gewinnen? Das war die Frage in Talkrunde 2, moderiert von Michaela Trzecinski, Leiterin der Kommunalen Koordinierungsstelle KAoA bei der agentur mark GmbH. Auch hier hat die Region innovative Antworten parat. Eine davon lieferte Christian Münch von der SIHK zu Hagen. In seiner Einrichtung finden Berufsinformationstage eigens für Jugendliche mit besonderem Förderbedarf statt. Hier stellen Werkstätten und Inklusionsbetriebe berufliche Möglichkeiten für die Zielgruppe vor. Sie sind überschaubarer organisiert als die üblichen großen Ausbildungsmessen, ermöglichen intensivere Gespräche und sorgen so dafür, „dass diese Personengruppe nicht in der Masse untergeht.“

Von den Erfahrungen beim Einsatz der vom Land geförderten Übergangslotsen in den Berufskollegs berichtete Olaf Schmiemann, Schulleiter des Berufskollegs Witten. Die zusätzliche Unterstützung der Übergangslotsen bei der Suche nach Praktikums- oder Ausbildungsplätzen ist auch in seinem Berufskolleg gut angekommen und ist für die ausbildungsinteressierten Jugendlichen sehr hilfreich. Allerdings reiche diese Unterstützung alleine nicht aus, um den Herausforderungen im Übergangsektor der Berufskollegs erfolgreich zu begegnen, so Olaf Schmiemann.

Vor welchen Herausforderungen Schulen mitunter stehen, davon zeichnete Alexander Letzel, Fachbereichsleitung Arbeit, Integration und Teilhabe beim Caritasverband Hagen ein eindringliches Bild. Aufgrund einer starken Zuwanderung aus Südosteuropa entsprach das Bildungsniveau einer Klasse 8, also zu Beginn der Berufsorientierung, in keiner Hinsicht den schulischen Anforderungen. Die Aussicht auf Praktikums- oder Ausbildungsplätze lag für die meisten von ihnen bei null. Für sie entwickelte die Kommunale Koordinierungsstelle KAoA gemeinsam mit der Caritas ein besonderes Unterstützungsangebot mit finanzieller Hilfe des Arbeitsministeriums, der Stadt Hagen und der Agentur für Arbeit.

An nahezu allen vorgestellten Projekten war die Agentur für Arbeit beteiligt. Katja Heck, Vorsitzende der Geschäftsführung bei der Arbeitsagentur Hagen, lobte die funktionierende „Verantwortungsgemeinschaft in der Region, die es erlaubt, jederzeit schnell und unbürokratisch Lösungen zu entwickeln und Projekte umzusetzen.“

Dynamischer Prozess

Eine wichtige Rolle bei der Fachkräfteoffensive spielen die Regionalagenturen. So hat die Regionalagentur Märkische Region gemeinsam mit der SIHK, dem Märkischen Arbeitgeberverband, der Arbeitsagentur, dem Jobcenter und der FernUniversität einen Job-Day für Betriebe, Beschäftigte und Arbeitsuchende organisiert.

Aktuell steht – Stichwort vernetzte Bildungsräume – die Gründung eines Netzwerks arbeitsmarktpolitischer Akteure an. Das regionale Netzwerk soll Unternehmen bei der Anwerbung, Einstellung und Integration neu zugewanderter Arbeitskräfte unterstützen.

Zudem will die Regionalagentur gemeinsam mit Arbeitsagenturen verstärkt Unternehmen und Weiterbildungsanbieter zusammenbringen, damit den Betrieben genügend qualifizierte Fachkräfte für die anstehende Digitalisierung zur Verfügung stehen.

Johanna Muhl: „Wir haben uns sehr gefreut zu sehen, wie aufmerksam sich Minister Laumann im Gespräch mit den Jugendlichen und den arbeitsmarktpolitischen Akteuren angehört hat, was uns unter den Nägeln brennt, aber auch, dass wir nicht nur auf Lösungen warten, sondern in der Region ganz viel selbst umsetzen. Aber alles schaffen wir nicht allein, sondern nur Land und Region zusammen.“ Genau so sieht es der Minister: “Fachkräftesicherung ist ein dynamischer Prozess, der auf die Zusammenarbeit aller Akteure setzt. Nur gemeinsam können wir diese Mammutaufgabe bewältigen.“