
Wohnungslosenstatistik 2024 in Zeiten von Fluchtbewegungen: Erneuter Anstieg der untergebrachten Wohnungslosen
Minister Laumann: Nordrhein-Westfalen wird die Bekämpfung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit entschlossen fortsetzen
Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat am Montag, 23. Juni 2025, die Wohnungslosenstatistik für das Jahr 2024 vorgelegt. Demnach erreichte die Zahl von Menschen ohne eigene Wohnung zum Stichtag 30. Juni 2024 mit 122.170 einen neuen Höchststand. Somit hatten rund 13.500 Menschen beziehungsweise 12,5 Prozent mehr als im Vorjahr keine reguläre Wohnung mit eigenem Mietvertrag.
Der Großteil der in der Statistik erfassten Menschen ist allerdings untergebracht (98,7 Prozent). Diese Menschen leben in Notunterkünften, wohnen ohne eigenen Mietvertrag in von den Kommunen zur Verfügung gestellten Wohnungen, in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe oder auch bei Bekannten. Sie sind entsprechend nicht auf der Straße.
Der deutliche Anstieg der Zahl der wohnungslosen Menschen in Nordrhein-Westfalen seit 2021 ist auf die anhaltenden Fluchtbewegungen, insbesondere aufgrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine, und auf die notwendige Unterbringung von geflüchteten Menschen zurückzuführen. Da diese Menschen zumindest zunächst in zentralen Landesunterkünften oder in kommunalen Unterkünften unterkommen und damit keine eigene Wohnung haben, werden sie in der Wohnungsnotfallberichterstattung erfasst. Anerkannte Geflüchtete machen mit 70,3 Prozent den Großteil der Wohnungslosen in Nordrhein-Westfalen aus. Ein Teil des Zuwachses bei der Zahl der untergebrachten Wohnungslosen gegenüber 2023 geht auf Nachmeldungen von anerkannten Geflüchteten in der Statistik durch die Kommunen zurück.
„Dass die Zahl der untergebrachten Wohnungslosen auch 2024 gestiegen ist, ist wenig verwunderlich. Denn der Anstieg erklärt sich dadurch, dass viele geflüchtete Menschen zunächst in kommunalen Einrichtungen unterkommen. Gleichzeitig verdeutlicht dieser Anstieg aber erneut, dass es entscheidend ist, dass wir den Kampf gegen Obdach- und Wohnungslosigkeit konsequent fortführen. Und das tut die Landesregierung: Trotz der angespannten Haushaltslage stellen wir die Fördermittel im Kampf gegen Wohnungslosigkeit in erheblichem Umfang bereit. Die wichtigste Maßnahme ist und bleibt dabei unsere erfolgreiche Landesinitiative gegen Wohnungslosigkeit ‚Endlich ein ZUHAUSE!‘. Wir werden die zu der Initiative gehörenden ‚Kümmerer‘-Projekte fortführen und die Zusammenarbeit mit der Wohnungswirtschaft konsequent fortsetzen. Dass wir nicht nachlassen ist wichtig und richtig, denn Wohnungslosigkeit ist nach Hunger die schlimmste Form von Armut. Die Bekämpfung von Wohnungslosigkeit liegt mir besonders am Herzen”, erklärte Sozialminister Karl-Josef Laumann.
Mit der im Jahr 2019 von Minister Laumann gestarteten Landesinitiative „Endlich ein ZUHAUSE!“ unterstützt das Ministerium die Kommunen und freien Träger der Wohnungslosenhilfe bei ihrer Aufgabe, sich um wohnungslose Menschen zu kümmern. Dafür sind die Fördermittel zur Bekämpfung der Wohnungslosigkeit erheblich aufgestockt worden: von 1,85 Millionen Euro im Jahr 2018, 7,1 Millionen Euro im Jahr 2020 und rund 14 Millionen Euro im Jahr 2022 auf nunmehr rund 15,6 Millionen Euro jährlich seit 2023.
Ein zentraler Baustein der Landesinitiative „Endlich ein ZUHAUSE!“ sind die sogenannten „Kümmerer”-Projekte, die seit 2022 flächendeckend in ganz Nordrhein-Westfalen finanziert werden können. In diesen Projekten kümmern sich Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sowie Immobilienfachleute darum, dass wohnungslose Menschen wieder eine feste Bleibe bekommen. Gleichzeitig helfen sie, drohende Wohnungsverluste durch frühzeitige Beratung zu vermeiden. Bis heute haben mehr als 15.100 wohnungslose oder von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen durch die Landesinitiative ein neues Zuhause gefunden. Darunter waren 2.744 Haushalte mit Kindern und 696 Menschen, die zuvor auf der Straße gelebt hatten.
Hintergrundinformationen
- Die Kommunen in Nordrhein-Westfalen hatten zum Stichtag 30. Juni 2024 insgesamt 106.330 wohnungslose Personen in Normalwohnungen, Obdachlosenunterkünften oder ähnlichen Einrichtungen untergebracht. Die freien Träger der Wohnungslosenhilfe haben für diesen Stichtag insgesamt 15.840 wohnungslose Personen gemeldet, die sie entweder in ihren Einrichtungen aufgenommen haben, oder die von den freien Trägern ambulant betreut wurden, während sie vorübergehend bei Bekannten beziehungsweise in anderen Provisorien untergekommen sind oder auf der Straße leben.
- Mehr als die Hälfte der erfassten wohnungslosen Personen war auch im Jahr 2024 männlich (60,5 Prozent). Damit ist der Anteil der männlichen Wohnungslosen im Vergleich zum Vorjahr wieder leicht gestiegen (2023: 57,5 Prozent).
- Ein Viertel der erfassten Wohnungslosen sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren (2024: 25,0 Prozent, 2023: 26,9 Prozent, 2022: 27,1 Prozent, 2021: 22,2 Prozent, 2020: 21,9 Prozent und 2019: 20,2 Prozent). In der Regel sind sie als Angehörige eines Mehrpersonenhaushalts zusammen mit ihren Eltern untergebracht.
- Mehr als drei Viertel der erfassten wohnungslosen Personen hatte eine nichtdeutsche Staatsangehörigkeit (2024: 78,4 Prozent, 2023: 75,8 Prozent, 2022: 66,2 Prozent, 2021: 49,6 Prozent, 2020: 49,9 Prozent und 2019: 49,4 Prozent).
- Neben Geflüchteten aus der Ukraine gab es auch wieder einen verstärkten Zuzug Geflüchteter aus dem außereuropäischen Bereich, die von den Kommunen unterzubringen sind. 2024 waren erneut fast drei von zehn wohnungslosen Menschen in Nordrhein-Westfalen Kriegsgeflüchtete aus der Ukraine (33.395 Personen, 28,0 Prozent). Unter den wohnungslosen anerkannten Geflüchteten gab es 25.395 Kinder (30,6 Prozent). Knapp jedes dritte Kind unter 18 stammte hierbei aus der Ukraine (32,8 Prozent bzw. 9.760). 85,3 Prozent aller wohnungslosen Personen unter 18 Jahren waren dabei geflüchtete Kinder.
- Wohnungslosigkeit ist in (Groß-)Städten nicht mehr weiter verbreitet als in den Landkreisen. Bereits 2023 waren erstmalig in den Kreisen mehr Personen je 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner wohnungslos als in den kreisfreien Städten. Dieser Trend hat sich im Rahmen der Wohnungsnotfallberichterstattung 2024 noch einmal verstärkt.
- Zahlen zu den Kreisen und kreisfreien Städten in Nordrhein-Westfalen finden sich im Anhang der Wohnungslosenstatistik.
- In der Wohnungnotfallberichterstattung des Landes können nur die obdachlosen Menschen erfasst werden, die Kontakt zu den Beratungsstellen der freien Wohlfahrtspflege haben. Zum Stichtag 30. Juni 2024 waren das rund 1.584 Personen. Um mehr über die Lage von Menschen zu erfahren, die ohne Schutz auf der Straße, in Behelfsunterkünften oder in verdeckter Wohnungslosigkeit leben, hat das Sozialministerium im Jahr 2021 eine gesonderte Untersuchung durchführen lassen. Demnach lebten im Juni/Juli 2021 rund 5.300 Personen auf der Straße oder in Behelfsunterkünften.
- Die Wohnungslosenstatistik ist erstmals für das Jahr 2011 eingeführt worden.
Die detaillierten Ergebnisse der Wohnungslosenstatistik 2024 finden Sie unter www.mags.nrw/hilfe-bei-wohnungslosigkeit.