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Nachweis impfinduzierter Polioviren im Abwasser von Bonn, Düsseldorf und Köln

Internationales Impfzertifikat - Polio

Nachweis impfinduzierter Polioviren im Abwasser von Bonn, Düsseldorf und Köln

Das RKI hat Polio-Viren im Abwasser an sieben verschiedenen Standorten in Deutschland, davon drei in Nordrhein-Westfalen, gefunden.

Im Rahmen eines Forschungsprojekts des Robert Koch-Instituts wurde im Frühwarnsystem durch Abwasserüberwachung erstmals das Polio-Virus in Deutschland gefunden – auch in Standorten in Nordrhein-Westfalen.

Welche Bedeutung hat das? 

  • Ein Großteil der nordrhein-westfälischen Bevölkerung ist vollständig geimpft und damit bestmöglich gegen die Erkrankung an Polio (Kinderlähmung) geschützt. 
  • In Deutschland sind bislang keine Erkrankungen an Polio gemeldet worden. Auch wurden keine Verdachtsfälle gemeldet. 
  • Auch wenn Polio-Viren im Abwasser gefunden wurden, ist das Risiko sich anzustecken weiterhin äußerst gering.

Was kann ich jetzt tun, um bestmöglich geschützt zu sein?

  • Schauen Sie in den gelben Impfausweis und überprüfen Sie ob der eigene Impfstatus und der Ihres Kindes vollständig ist. Was eine vollständige Polio-Impfung für KinderJugendliche und  Erwachsene bedeutet, ist ausführlich auf der Seite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) erklärt. 
  • Bei fehlender oder unvollständiger Polio-Impfung suchen Sie das Gespräch mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt. 
  • Auch bei Polio-Viren gilt: Händewaschen ist eine einfache und wirksame Maßnahme, um die Ansteckung und Verbreitung von Viren zu verringern. Auf der Seite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sind die fünf Schritte zu gründlichem Händewaschen erklärt.

Kurz zusammengefasst:

  • Wer vollständig geimpft ist, ist bestmöglich geschützt.
  • Eigenen Impfstatus und den der Kinder checken und eventuell fehlende Impfungen nachholen.
  • Hände regelmäßig mit Wasser und Seife waschen.

Kurzer Faktenhintergrund:

  • Polio (Poliomyelitis, Kinderlähmung) ist eine Krankheit, die durch das Poliovirus verursacht wird. Die Erreger werden mit dem Stuhl ausgeschieden und vorwiegend durch Schmierinfektion (Stuhl-Hand-Mund) übertragen. Das Virus kann das Rückenmark infizieren und zu dauerhaften Lähmungen oder sogar zum Tod führen. 
  • Die letzte in Deutschland erworbene Erkrankung an Kinderlähmung wurde 1990 erfasst. 
  • Der beste Schutz gegen Kinderlähmung ist die Impfung. Das Risiko an Kinderlähmung zu erkranken ist ohne vollständigen Impfschutz um ein Vielfaches höher. 
  • In manchen Gegenden der Welt wurde bis vor Kurzem oder wird bis heute der orale Lebendimpfsoff (OPV-Impfstoff) eingesetzt. Die Verwendung von OPV hat maßgeblich dazu beigetragen, dass Polio in den meisten Regionen der Welt heutzutage ausgerottet ist. Allerdings werden bei einer OPV-Impfung abgeschwächte Impfviren mit dem Stuhl ausgeschieden und können durch Schmierinfektion auf andere Personen übertragen werden. Wenn die Bevölkerung aufgrund zu niedriger Polio-Impfquoten nicht ausreichend geschützt ist, können diese Impfviren über einen längeren Zeitraum zirkulieren und sich in sehr seltenen Fällen dabei genetisch verändern und wieder Erkrankungen hervorrufen. Diese veränderten Viren werden VDPV genannt, kurz für vaccine-derived poliovirus. 
  • Auf diese Weise kann der Virus durch Reisende wieder nach Deutschland gebracht werden und zu Erkrankungen führen, wenn die Bevölkerung nicht ausreichend geimpft ist.
  • Bei den im Abwasserfrühwarnsystem gefunden Viren handelt es sich um die VDPV. 

Was bedeutet Abwasserüberwachung auf Polio?

  • Das Abwassermonitoring hat sich in der Vergangenheit als wirksames Instrument erwiesen, um die Verbreitung von Krankheitserregern in der Bevölkerung zu überwachen.
  • Seit der COVID-19-Pandemie kann bspw. durch Abwasserüberwachung das SARS-CoV-2 Infektionsgeschehen in der Bevölkerung verfolgt werden: https://www.lzg.nrw.de/inf_schutz/surveillance/abwasser/index.html
  • Im Rahmen des bundesweiten Forschungsprojektes „Polio im Abwasser II“ (PIA II) des Robert Koch-Instituts wurde an vier verschiedenen Standorten in Deutschland, davon zwei in Nordrhein-Westfalen, Polio-Viren im Abwasser gefunden.
  • Dieses System nutzt modernste Analysen und Detektionstechnologien, um das Abwasser auf Polio-Viren hin zu untersuchen und leistet somit einen wichtigen Beitrag zur öffentlichen Gesundheit. So können Polioviren sehr frühzeitig entdeckt werden. 
  • Die frühzeitigen Erkenntnisse aus der Abwasserüberwachung auf Polio nimmt das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales zum Anlass proaktiv die Bevölkerung darauf hinzuweisen ihren Impfstatus in Bezug auf Polio zu überprüfen, um bestmöglich geschützt zu sein.

 

FAQs zu Polio: 

Was ist Polio? 

  • Polio, auch bekannt als „Poliomyelitis“ oder „Kinderlähmung“, ist eine hochansteckende und sehr gefährliche Virusinfektion, die das zentrale Nervensystem angreift und zu Lähmungen und schweren Behinderungen bis hin zum Tod führen kann. Noch Jahrzehnte nach der Infektion können Lähmungen und Schwächungen der Muskulatur auftreten (Post-Polio-Syndrom).
    Polio betrifft vor allem Kinder unter 5 Jahren, aber auch Erwachsene ohne ausreichenden Impfschutz können sich anstecken.

Wie wird Polio übertragen / verbreitet? 

  • Polio-Viren werden mit dem Stuhl ausgeschieden und hauptsächlich durch Schmierinfektion (Stuhl-Hand-Mund) übertragen, hier vor allem über kontaminierte Gegenstände, Lebensmittel oder Flächen. Theoretisch ist eine Ansteckung per Tröpfcheninfektion (Husten, Niesen) möglich, dies ist aber ein äußerst seltener Übertragungsweg.

Was kann ich tun, um mich zu schützen? 

  • Der beste Schutz gegen eine Polio-Infektion ist eine vollständige Impfung. 
    Die Einhaltung von Basis-Hygienemaßnahmen, wie zum Beispiel regelmäßiges und richtiges Händewaschen, ist zur Vermeidung von Infektionen immer wichtig und sinnvoll.

Was bedeutet "vollständig geimpft"?
 

  • Die Ständige Impfkommission (STIKO) rät zu einer Grundimmunisierung gegen Polio für Säuglinge und Kleinkinder. Die Impfung erfolgt nach dem 2+1 Schema mit drei Teilimpfungen und bietet einen Schutz von fast 100% vor der Erkrankung:
    1 . Dosis: Mit 2 Monaten
    2 . Dosis: Mit 4 Monaten (Abstand zur ersten Impfung: mindestens 8 Wochen)
    3 . Dosis: Mit 11 Monaten (Abstand zur zweiten Impfung: mindestens 6 Monate)
  • Eine Auffrischimpfung wird zwischen dem 9. und 16. Lebensjahr empfohlen. Für Personen mit fehlender oder unvollständiger Grundimmunisierung oder fehlender Auffrischimpfung empfiehlt die STIKO, diese nachzuholen. Eine routinemäßige Auffrischimpfung für Erwachsene ist nicht vorgesehen.


Weitere und ständig aktualisierte Informationen hierzu bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: 


https://www.impfen-info.de/impfempfehlungen/fuer-kinder-0-12-jahre/polio-kinderlaehmung


https://www.impfen-info.de/impfempfehlungen/fuer-jugendliche-12-17-jahre/polio-kinderlaehmung


https://www.impfen-info.de/impfempfehlungen/fuer-erwachsene/polio-kinderlaehmung

 

Besteht ein ausreichender Impfschutz in der Bevölkerung?

  • Der Großteil der nordrhein-westfälischen Bevölkerung ist vollständig geimpft und damit bestmöglich gegen die Erkrankung an Polio geschützt. Die Durchimpfungsrate lag 2023 bei den Schuleingangsuntersuchungen in Nordrhein-Westfalen bei 96,1 Prozent. Grundsätzlich sollten alle Bürgerinnen und Bürger ihren eigenen und den Impfausweis ihrer Kinder prüfen, ob alle empfohlenen Impfungen verabreicht wurden. Bei Unklarheiten oder Unsicherheiten kann ein klärendes Gespräch mit Haus- und Kinderärzten sinnvoll sein.  

Schützt die Impfung zuverlässig vor einer Polio-Erkrankung? 
 

  • Weltweit gibt es zwei Impfstoffe gegen Polio: Ein Impfstoff mit inaktivierten Poliovieren (IPV) und ein Impfstoff mit abgeschwächten, aber lebenden Polioviren, auch Schluckimpfung oder OPV genannt. Beide Impfstoffe sind sehr effektiv, um Erkrankungen zu vermeiden. In Deutschland wird seit 1998 nur noch der IPV Impfstoff verwendet.

Sind in Deutschland aktuell Menschen mit Polio infiziert?

  • Bei Polio handelt es sich um eine meldepflichtige Erkrankung gemäß Infektionsschutzgesetz (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 IfSG & § 7 Abs. 1). Es gibt aktuell keine gemeldeten Polio-Erkrankungen oder Verdachtsfälle in Deutschland. Der letzte Polio-Fall in Deutschland wurde im Jahr 1990 registriert. Die letzten beiden in Deutschland registrierten Fälle, aber im Ausland stattgefundenen Infektionen stammen aus dem Jahr 1992.

Wie erkenne ich eine Polio-Infektion?

  • Bei den meisten Personen verläuft eine Ansteckung ohne Krankheitszeichen. Bei 4-8 % der Infizierten tritt eine leichte Form der Polioerkrankung ohne Beteiligung des Nervensystems auf und äußert sich mit allgemeinen Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Fieber, Halsschmerzen, Muskel- und Kopfschmerzen (abortive Poliomyelitis). Bei etwa 2-4 % der Infizierten kann es nach einer initial leichten Erkrankung im weiteren Verlauf (nach 3-7 Tagen) zu einer Beteiligung des Nervensystems, ohne Lähmung kommen. Diese Form wird als „nichtparalytische Poliomyelitis“ beschrieben. Hierbei kann es zu Symptomen wie Fieber, Nackensteifigkeit, Rückenschmerzen und Muskelkrämpfe kommen.
    Bei etwa 0,1-1 % der Infizierten kann es nach der „nichtparalytischen Poliomyelitis“ im weiteren Verlauf (nach 2-3 Tagen) zu einer Beteiligung des Nervensystems mit Lähmungen kommen. Neben starken Rücken-, Nacken- und Muskelschmerzen treten hier Lähmungen auf. Häufig sind verschiedene Beinmuskeln gelähmt – aber auch Arm-, Bauch-, Augen- und Atemmuskeln können betroffen sein.

Gibt es Polio-Tests für zuhause?

  • Nein. Bei einem klinischen Verdacht auf eine Polio-Erkrankung erfolgt ein Stuhltest durch den behandelnden Arzt oder die Ärztin. Dieser muss für eine diagnostische Sicherung an das Nationalen Referenzzentrum für Poliomyelitis und Enteroviren versandt werden.

Ist Polio heilbar? 

  • In den seltenen Fällen eines schweren Erkrankungsverlaufs können weder die Erkrankung selbst noch das Post-Polio-Syndrom ursächlich behandelt werden. Es können nur die Symptome gelindert werden. Nach Abklingen der akuten Phase der Kinderlähmung bleiben oft Dauerschäden. Muskeln, die zu diesem Zeitpunkt gelähmt sind, werden selten wieder vollkommen funktionstüchtig. Im Anschluss an die akute Behandlung sind je nach Verlaufsform meist längere physiotherapeutische und orthopädische Nachbehandlungen erforderlich.

Kann ich mich über Trinkwasser anstecken? 

  • In Ländern ohne gute Trinkwasseraufbereitungssysteme kann sich das Virus über durch mit Fäkalien verunreinigtes Wasser verbreiten. Dies ist in Deutschland nicht der Fall. Das Trinkwasser wird in Deutschland in einem mehrstufigen Verfahren von dem Versorger aufbereitet. Dieses sorgt dafür, dass möglichst alle Krankheitserreger und Schadstoffe aus dem Wasser entfernt werden.

Schützen FFP2- oder andere medizinische Masken?

  • Das Poliovirus wird hauptsächlich durch Schmierinfektion (Stuhl-Hand-Mund) übertragen. Theoretisch ist eine Ansteckung per Tröpfcheninfektion (Husten, Niesen) möglich. Dies ist aber ein äußerst seltener Übertragungsweg, sodass Masken, unabhängig des Typs, in Alltagssituationen keinen zuverlässigen Schutz vor einer Ansteckung bieten.

Wie kommen die Polioviren in das Abwasser?

  • In Deutschland wird seit 1998 nur noch der IPV-Impfstoff (mit inaktivierten Polioviren) verwendet. Die Schluckimpfung mit abgeschwächtem Lebendimpfstoff (OPV) wird in einigen Ländern weiterhin genutzt. Die Verwendung des OPV hat maßgeblich dazu beigetragen, dass Polio in den meisten Regionen der Welt heutzutage ausgerottet ist. Obwohl auch die Schluckimpfung sehr effektiv ist und die geimpfte Person verlässlich schützt, können sich die abgeschwächten Impfviren in der geimpften Person genetisch wieder so verändern, dass sie – einmal ausgeschieden – wieder andere Menschen infizieren und eine symptomatische Erkrankung hervorrufen können.  Diese Ausscheidungen können dann auch im Abwasser nachgewiesen werden. Diese Viren nennt man Vaccine-Derived Polio Virus (VDPV).

Besteht die Gefahr einer Polio-Welle in Deutschland? 

  • Aufgrund der allgemein hohen Impfquoten und guten Hygienebedingungen in Deutschland besteht eine geringe Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Erkrankungen aufgrund zirkulierender, vom Impfstoff abgeleiteter Polioviren. Gleichwohl ist es bei anhaltender Zirkulation möglich, dass vereinzelt Polio-Fälle unter nicht ausreichend geschützten Menschen auftreten. Auch Geimpfte können sich infizieren und das Virus ohne Erkrankung weitertragen. Daher sollte eine Zirkulation möglichst rasch gestoppt werden, um Poliofälle in unzureichend geimpften Bevölkerungsgruppen zu verhindern, als auch um das Ziel der globalen Polioeradikation nicht zu gefährden. Auch in diesem Zusammenhang gilt: Je höher die Impfquote, desto besser erreichen wir dieses Ziel.

Besteht die Gefahr einer Polio-Pandemie?

  • Nein, eine Gefahr für eine Polio-Pandemie besteht nicht. Dennoch stellen laut der Nationalen Kommission für die Polioeradikation in der Bundesrepublik Deutschland Ausbrüche durch zirkulierende, vom Impfstoff abgeleitete Polioviren ein Problem dar. So wurden laut WHO weltweit für 2022 bisher 877, für 2023 bisher 528 Polio-Fälle und für 2024 bisher 224 Polio-Fälle aufgrund von zirkulierenden, vom Impfstoff abgeleitete Polioviren erfasst (WHO, Stand 21.11.2024). Laut RKI treten diese Fälle in Gebieten auf, in denen ein hoher Anteil der Bevölkerung unzureichend geimpft ist und die abgeschwächten Viren der Schluckimpfung (OPV) lange Zeit unentdeckt zirkulieren, sich dabei verändern (Mutationen) und schließlich wieder Lähmungen verursachen können.

Besteht eine besondere Gefahr für Babys vor Erreichen des vollständigen Impfschutzes?

  • Die STIKO sieht eine dreimalige Impfung bereits bis zum 11. Monat vor. Bereits nach der zweiten Impfung (im Alter von 4 Monaten) ist der Schutz gegen Polio sehr gut. Zudem werden Säuglinge durch eine gute Hygiene und eine hohe Durchimpfungsrate in Nordrhein-Westfalen zusätzlich geschützt. 


Besteht eine besondere Gefahr für ältere Menschen, deren Impfung schon lange her ist?

  • Nein, wenn die Auffrischung STIKO-konform durchgeführt wurde, ist von keiner Gefahr auszugehen.