
Kurs auf Ausbildung. Nicht irgendwas, sondern das Passende!
Das Programm wird gefördert vom Land Nordrhein-Westfalen mit Mitteln aus dem ESF-Programm „REACT-EU“
Nach seinem Schulabschluss hatte Stefan Brinker eine Ausbildung als Metallbauer begonnen. Doch noch während der Probezeit beendete der Betrieb den Vertrag. Grund dafür war vermutlich die zweimalige Quarantäne, in die er von der Berufsschule geschickt worden war. Das hatte zur Folge, dass er auch dem Betrieb fernbleiben musste.
Nach dem Verlust der Ausbildungsstelle begab er sich sofort eigenständig auf die Suche nach einem neuen Ausbildungsplatz – in Corona-Zeiten alles andere als aussichtsreich. Über die Arbeitsagentur aber fand er schließlich den Weg zu „Kurs auf Ausbildung“. Zum Glück, denn das Projekt ist exakt für solche Fälle eingerichtet, in denen die Pandemie jungen Menschen beim Einstieg in das Berufsleben einen Strich durch die Rechnung macht.
Vom Wankelmut zum festen Entschluss
„Kurs auf Ausbildung“ nahm Stefan Brinker dann im wahrsten Sinne des Wortes bei der Konzept Bildung und Services GmbH in Wuppertal, einem der vielen Träger im Rahmen des von der Landesregierung mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds geförderten Projekts. Hier war Birgit Soldin für ihn zuständig, Sozialpädagogin und Jobcoach zugleich.
Gemeinsam überlegten sie zunächst, welche Ausbildungsberufe am ehesten für ihn in Frage kämen. Dabei zeigte sich Stefan Brinker eher unentschlossen: „Irgendetwas mit Metall“ wäre okay, aber eben nicht mehr Metallbauer.
Was aber dann? Von sich aus schlug er die Berufe Mechaniker, Maschinen- und Anlagentechniker, Papiertechnologe sowie Immobilienkaufmann vor. Das breite Spektrum der aufgezählten Berufe illustriert, dass von Berufsorientierung und klarer Zielsetzung zum damaligen Zeitpunkt noch keine Rede war. Für die erfahrene Sozialpädagogin waren die vagen Vorstellungen Resultat seiner unguten Erfahrungen mit dem ersten Ausbildungsbetrieb.
Genau der richtige Augenblick, um ein Profiling durchzuführen. So lassen sich berufliche Neigungen, Interessen und Wünsche genauer bestimmen. Schnell kristallisierten sich aufgrund der Testergebnisse drei Berufszweige mit konkreten Berufsempfehlungen heraus: Maschinen- und Anlagenführer, Zerspanungsmechaniker sowie Fahrdienstleiter im Schienenverkehr.
Insbesondere vom Letzteren war Stefan Brinker zunächst begeistert. Birgit Soldin: „Ich hatte allerdings den Eindruck, dass er sich den Beruf ein bisschen schöngeredet hat. Nach meiner Einschätzung war es nicht das Optimale. Hinzu kam, dass es für Bewerbungen bei der Bundesbahn schon viel zu spät war, um noch in diesem Jahr mit der Ausbildung zu beginnen.“ So fiel die Wahl letztlich auf den Ausbildungsberuf Zerspanungsmechaniker.
Klarer Kurs: Vorstellung, Praktikum, Ausbildungsplatz
Parallel zum Profiling standen beim obligatorischen Coaching die Stabilisierung der Persönlichkeit, der Motivationsaufbau, das Erkennen des eigenen Potenzials sowie die Suche nach einem Ausbildungsplatz auf dem Programm. In dieser Phase zahlten sich die vielfältigen Firmenkontakte der Konzept Bildung und Services GmbH aus. Darunter einige, die jungen Menschen die Chance geben, verschiedene Berufe in Form von Probearbeiten kennenzulernen.
Einer dieser Betriebe ist die AGS Tools GbR, ein auf Dreherei und Fräserei spezialisiertes Unternehmen. Hier bekam Stefan Brinker sofort einen Termin für ein Vorstellungsgespräch. Jetzt kam es darauf an, ihn gezielt darauf vorzubereiten. Jobcoach Birgit Soldin weiß, wie das geht und tatsächlich bekam er sofort die Zusage für ein dreiwöchiges Praktikum.
Andreas Trzaskowski, einer von zwei Geschäftsführern der AGS Tools GbR, war beim Vorstellungsgespräch dabei und kann sich an den Eindruck, den Stefan Brinker auf ihn machte, gut erinnern: „Er war freundlich und gewinnend. Für einen Kleinbetrieb wie uns mit drei Festangestellten ist die charakterliche Komponente sehr wichtig. Auszubildender und Team müssen zusammenpassen. Alles andere, das Fachliche, lernt er bei uns im Betrieb. Dafür sind wir ja da.“
Tatsächlich sollte sich die Bauchentscheidung, wie Andreas Trzaskowski sie nennt, nach Probearbeit und Praktikum als genau richtig erweisen. Stefan Brinker bekam seinen Ausbildungsplatz: „Sein positiver Charakter zeigte sich auch hier und seine Arbeitseinstellung entsprach exakt unseren Vorstellungen.“
Deutlich wird daran, dass die Entscheidung des Betriebs für Stefan Brinker keineswegs lediglich aus sozialen Erwägungen erfolgte, sondern auch in seinem eigenen Interesse lag. Andreas Trzaskowski illustriert das an einem Beispiel: „Zerspanungsmechaniker brauchen ein mathematisches Gedächtnis. Sie müssen Zeichnungen lesen und sehr gut messen können. Wir haben in unserem Haus keine ‚Lehrlingsmaschine‘, an der jeder mal ein bisschen rumtesten kann, wie er möchte. Fehler hätten gleich gravierende Konsequenzen für die gesamte Maschine und damit für unseren Betrieb. Stefan Brinkers Zuverlässigkeit ist von daher für uns von ganz praktischer Bedeutung.“
„Zerspanungsmechaniker werden händeringend gesucht“
Erleichtert hat ihm die Entscheidung das Gesamtkonzept von „Kurs auf Ausbildung“, räumt der Geschäftsführer ein, weil es in bestimmten Fällen eine so genannte trägergestützte Ausbildung fördert. Konkret heißt das: Im ersten Ausbildungsjahr erfolgt die Ausbildung in Kooperation zwischen Träger und Ausbildungsbetrieb, dabei übernimmt der Träger sowohl die Ausbildungsvergütung wie auch die Begleitung des Auszubildenden im ersten Ausbildungsjahr.
Dabei sieht die Aufgabenteilung so aus: Der Kooperationsbetrieb übernimmt den Teil der fachpraktischen Ausbildung, der Träger ergänzt den in der Berufsschule vermittelten theoretischen Teil durch Stütz- und Förderunterricht in seinen Räumlichkeiten.
Besonderer Vorteil in diesem konkreten Fall: Neben der theoretischen Vermittlung von Ausbildungsinhalten könnte die Konzept Bildung und Services GmbH bei Bedarf sogar die Vermittlung praktischer Kenntnisse übernehmen, sagt Dr. Alf Hellinger, Pädagogische Leitung und Projektleitung im ESF-Projekt „Kurs auf Ausbildung“ bei der Wuppertaler Gesellschaft: „Da wir in unseren hauseigenen Werkstätten über entsprechende Maschinen verfügen, könnten wir mit Betrieb und Auszubildenden jederzeit unkompliziert vereinbaren, einen Teil der Ausbildungsinhalte entsprechend der Ausbildungsordnung hier bei uns zu vermitteln. Letztlich entscheidend ist ja, dass Stefan Brinker die Ausbildung schafft.“
Das wünscht sich selbstverständlich auch der Auszubildende, aber auch der Betrieb und die gesamte Branche, denn Geschäftsführer Andreas Trzaskowski weiß: „Zerspanungsmechaniker werden am Markt händeringend gesucht.“