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Therapie und Nachsorge

Bild zeigt Therapiegespräch

Therapie und Nachsorge

Eine fachgerechte und individuelle - auf die jeweiligen Bedürfnisse und Möglichkeiten der einzelnen Person angepasste - Therapie ist der nachhaltigste Schutz der Bevölkerung. Dazu bedarf es eines vielfältigen Angebots an Behandlungsformen in jeder Einrichtung.
Zitat:
„Eine erfolgreiche Resozialisierung dient auch dem Schutz der Rechtsgemeinschaft, die ein unmittelbares Interesse daran hat, dass der Täter nicht wieder rückfällig wird und erneut andere und die Gemeinschaft schädigt.“
(BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 27. März 2012 - 2 BvR 2258/09)

Die Durchführung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus sowie in einer Entziehungsanstalt verfolgt das Ziel, durch die Behandlung der zugrundeliegenden psychischen Erkrankung weitere erhebliche Taten zu verhindern.

Die Auswahl der Behandlungsangebote orientiert sich grundsätzlich an allgemeingültigen und wissenschaftlich anerkannten Behandlungsmethoden. Jede untergebrachte Person hat einen Anspruch auf eine individuelle und intensive Behandlung ihrer Anlasserkrankung. Ihr wird daher ein Behandlungsangebot gemacht. Ärztliche Zwangsmaßnahmen dürfen - außer zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr unter den Voraussetzungen des § 11 StrUG - nur zur Herstellung der Selbstbestimmungsfähigkeit unter den Voraussetzungen des § 10 StrUG NRW erfolgen und bedürfen der richterlichen Entscheidung.

Personen, die sich in ärztlicher Behandlung befinden, unterfallen dem Begriff des Patienten bzw. der Patientin.

Die Behandlung und Betreuung der Patientinnen und Patienten erfolgt durch unterschiedliche Berufsgruppen. So gibt es beispielsweise die Bereiche des ärztlich-therapeutischen Dienstes, des Pflege- und Erziehungsdienstes, des Sozialdienstes und des ergotherapeutischen Dienstes.

Jede Einrichtung oder selbständige Abteilung hat eine ärztliche, psychologische oder psychotherapeutische Leitung. Die fachliche Arbeit der Mitarbeitenden ist ein entscheidender Faktor für die Qualität und den Erfolg der Behandlung.
Bei Unterbringungen gemäß  § 63 StGB bilden Störungen aus dem schizophrenen Formenkreis die größte Gruppe. Bei Personen, die gemäß § 64 StGB in einer Entziehungsanstalt untergebracht sind, liegt fast ausschließlich eine Abhängigkeitserkrankung als behandlungsleitende Diagnose vor.

Diagnoseverteilung bei Unterbringung nach § 63 StGB in den psychiatrischen Krankenhäusern NRW

Grafik zur Diagnoseverteilung bei Unterbringung nach § 63 StGB in den psychiatrischen Krankenhäusern NRW

Quelle: Stat. Erhebung MAGS NRW (Stand 01.01.2022)

Diagnoseverteilung bei Unterbringung nach § 64 StGB in den Entziehungsanstalten NRW

Grafik zur Diagnoseverteilung bei Unterbringung nach § 64 StGB in den psychiatrischen Krankenhäusern NRW

Quelle: Stat. Erhebung MAGS NRW (Stand 01.01.2022)

Eine qualifizierte Behandlung bedarf einer fortlaufenden Überprüfung und Anpassung an neueste wissenschaftliche Standards und Entwicklungen. Das MAGS erlässt Leitlinien zur Qualität und Qualitätssicherung der Behandlung. Im Rahmen von Begehungen vor Ort wird die Einhaltung der Standards geprüft. Zu den Aufgaben des MAGS gehört auch die Durchführung bzw. Beauftragung von Projekten und wissenschaftlichen Evaluationen. 

Aktuell wird gemeinsam mit den Landschaftsverbänden Westfalen-Lippe (LWL) und Rheinland (LVR) und der Alexianer Christophorus gGmbH ein gemeinsames Projekt zur Verbesserung der Behandlungsqualität umgesetzt. Für dieses Projekt stellt das Land NRW zunächst für einen Zeitraum von fünf Jahren die finanziellen Mittel für zusätzliche Personalstellen aus den verschiedensten Berufsgruppen zur Verfügung. So sollen Einzel- und Gruppentherapien intensiviert, anerkannte und validierte Pflegekonzepte aufgebaut sowie die im Rehabilitationsprozess notwendigen Maßnahmen verstärkt werden
Eine erfolgreiche Behandlung - und damit wirksame Reduktion der Rückfallgefahr -kann nur in Kombination mit einer angemessenen Außenorientierung und Vorbereitung der Entlassung erreicht werden. Im Hinblick auf das Resozialisierungsziel kommt der Möglichkeit der Rücknahme von Freiheitseinschränkungen daher besondere Bedeutung zu (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.06.2012 – 2 BvR 865/11). Dazu bedarf es einer individuellen, den jeweiligen Umständen angepassten Festsetzung des Maßes der Freiheitsentziehung und der Sicherstellung einer qualifizierten forensischen Nachsorge im sozialen Empfangsraum.

Das Maß der Freiheitsentziehung bei der Durchführung von strafrechtsbezogenen Unterbringungen in NRW richtet sich nach der von der untergebrachten Person ausgehenden prognostizierten Gefahr. Die Festlegung von Art und Maß der Freiheitseingriffe geht mit einer jeweils aktuellen Risikoeinschätzung einher, basierend auf einer eingehenden prognostischen Beurteilung durch interne und externe Sachverständige.

§ 4 StrUG NRW unterscheidet verschiedene Kategorien der Freiheitsentziehung, je nach dem individuellen Gefährdungspotenzial und dem sich daraus ergebenden Sicherungsbedarf der untergebrachten Person. Das mögliche Maß der Freiheitsentziehung reicht von der Berechtigung, trotz noch vorhandener Behandlungsbedürftigkeit, sich dauerhaft außerhalb der Klinik aufzuhalten und bspw. in einer eigenen Wohnung zu leben, bis hin zu (noch) keiner Berechtigung, die Klinik überhaupt zu verlassen.

Die therapeutische Leitung der Einrichtung bestimmt das Maß der Freiheitsentziehung. Vor der Festsetzung des Maßes der Freiheitsentziehung ist die Vollstreckungsbehörde zu beteiligen, wenn sie es im Aufnahmeersuchen angeordnet hat oder wenn es um erste Rücknahmen von Freiheitsbeschränkungen bei untergebrachten Personen geht, die hinsichtlich ihrer Anlasstat, der Symptomausprägung der zugrundliegenden Störung oder des Behandlungsverlaufs besondere Schwierigkeiten bei der Beurteilung der von ihnen ausgehenden Gefahr bieten
Die Aufrechterhaltung, Stärkung oder auch die Schaffung sozialer Bindungen sind zur Vorbereitung eines förderlichen und stützenden sozialen Empfangsraums nach der Entlassung von überragender Bedeutung und dienen damit unmittelbar der Erreichung der Ziele der Unterbringung.

Eine den Individualinteressen dienende und dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren erheblichen Straftaten gleichermaßen nutzende Integration der untergebrachten Person in die Gesellschaft, erfordert ein belastbares Beziehungsgefüge und ein Netz sozialer Anknüpfungsmöglichkeiten außerhalb der Unterbringung. Kontakte mit Angehörigen und anderen den untergebrachten Personen nahestehenden Personen, sind daher ebenso von besonderer Bedeutung für die Eingliederung wie die Zusammenarbeit der Kliniken mit den für die nachsorgenden Hilfen zuständigen Stellen.

Die Einrichtungen betreiben zum Zwecke der Förderung der Eingliederung Forensische Ambulanzen, die ab Aufnahme der untergebrachten Person im Rahmen ihres Aufgabenbereiches an der Behandlung und Betreuung mitwirken und gleichzeitig koordinierende Schnittstelle der für die nachsorgenden Hilfen zuständigen Institutionen (z. B. Sozialpsychiatrische Dienst, Führungsaufsicht, Bewährungshilfe) sind.

Das MAGS wirkt in diesen Bereichen durch Erstellung und Initiierung neuer sowie Weiterentwicklung und Fortschreibung vorhandener Konzepte mit. Darüber hinaus ist dem MAGS der Austausch mit Organisationen der Angehörigenvertretung ein wichtiges Anliegen.