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Rechtliche Grundlagen

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Rechtliche Grundlagen

Die wesentlichen Rechtsgrundlagen für eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt sind die Regelungen in § 63 StGB (Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus), § 64 StGB (Unterbringung in einer Entziehungsanstalt) und § 126a StPO (Einstweilige Unterbringung). Die Durchführung dieser Unterbringungen in NRW wird durch das Strafrechtsbezogene Unterbringungsgesetz NRW (StrUG NRW) geregelt.
Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus erfolgt auf Anordnung eines Gerichts auf der Grundlage des § 63 Strafgesetzbuch (StGB). Etwas vereinfacht ausgedrückt werden Personen in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht, die wegen ihrer psychischen Störung eine Tat begangen haben, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht (rechtswidrige Tat), aber bei Begehung der Tat schuldunfähig oder in ihrer Schuldfähigkeit zumindest erheblich vermindert waren, und infolge ihrer psychischen Störung weiterhin gefährlich sind.

§ 63 StGB - Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus
"Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird."
Auf der Grundlage des § 64 StGB werden Personen in einer Entziehungsanstalt untergebracht, wenn die Begehung einer rechtswidrigen Tat (s. o.) mit dem Hang zusammenhängt, Alkohol oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen und auch zukünftig die Gefahr besteht, dass infolge dieses Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begangen werden.

§ 64 StGB - Unterbringung in einer Entziehungsanstalt
"Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
Darüber hinaus erfolgen auch einstweilige Unterbringungen nach § 126a StPO, wenn dringende Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass eine Person eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder verminderten Schuldfähigkeit begangen hat und dass ihre Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt angeordnet werden wird. In diesem Fall kann das Gericht durch Unterbringungsbefehl die einstweilige Unterbringung in einer dieser Anstalten anordnen, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert.

§ 126a (1) StPO - Einstweilige Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt
"(1) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, daß jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder verminderten Schuldfähigkeit (§§ 20, 21 des Strafgesetzbuches) begangen hat und daß seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt angeordnet werden wird, so kann das Gericht durch Unterbringungsbefehl die einstweilige Unterbringung in einer dieser Anstalten anordnen, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert.
Das Strafrechtsbezogenes Unterbringungsgesetz NRW (StrUG NRW) regelt die Durchführung der strafrechtsbezogenen Unterbringungen in psychiatrischen Krankenhäusern und in Entziehungsanstalten und wurde einstimmig am 15.12.2021 vom Landtag NRW verabschiedet und trat am 31.12.2021 in Kraft.

Wesentliche Anliegen des StrUG NRW sind der Schutz der Allgemeinheit und eine erfolgreiche Behandlung der untergebrachten Person als Voraussetzung für eine gelingende gesellschaftliche Eingliederung. Gesetzlich verankert wird daher ein Anspruch der untergebrachten Person auf eine intensive und individuell durchzuführende Therapie. Im Einklang mit den rechtlichen Behandlungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sowie der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) und vor dem Hintergrund, dass eine erfolgreiche Eingliederung nur gelingen kann, wenn die untergebrachte Person in der Lage ist, selbst Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen, erfolgt eine Stärkung des Selbstbestimmungsrechts z. B. dadurch, dass die untergebrachte Person in die Erstellung des Behandlungs- und Eingliederungsplanes einbezogen wird.

Zur Vermeidung unverhältnismäßig langer Unterbringungsdauern ist ein frühzeitiger Beginn der Behandlungs- und Eingliederungsplanung vorgesehen. Von Beginn an soll die Perspektive der Entlassung mit in den Blick genommen werden. Wichtig sind dabei auch die Bereiche Schule, Ausbildung, Arbeit und Beschäftigung. Damit die Eingliederung gelingen kann, ist eine gute Vernetzung zwischen den Einrichtungen und den für die nachsorgenden Hilfen zuständigen Institutionen sowie den weiteren für die Eingliederung und Teilhabe förderlichen Institutionen in den Bereichen Wohnen, Arbeit und Beschäftigung erforderlich. Diese wichtige Aufgabe übernehmen die Forensischen Ambulanzen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat die Gestaltung des Vollzugs dem spezialpräventiven Charakter der Unterbringungsanordnung Rechnung zu tragen. Über den unabdingbaren Entzug der „äußeren“ Freiheit hinausgehende weitere Belastungen sind zu vermeiden. Dem muss durch eine freiheits- und therapiegerichtete Zielsetzung des Vollzugs Rechnung getragen werden. Das Leben im Maßregelvollzug ist den allgemeinen Lebensverhältnissen anzupassen, soweit Sicherheitsbelange dem nicht entgegenstehen (vgl. BVerfG, Urteil vom 04.05.2011, 2 BvR 2333/08 –, Rn. 115).

Das Maß der Freiheitsentziehung richtet sich daher nach der von der untergebrachten Person ausgehenden prognostizierten Gefahr. Art und Weise sowie Intensität der Freiheitsentziehung sind auf die zu erwartenden erheblichen rechtswidrigen Taten zu beziehen und an ihr auszurichten.

Einen weiteren wesentlichen Punkt im neuen Gesetz stellt u.a. der Grundsatz der Regionalisierung dar, der eine möglichst gleichmäßige Verteilung forensischer Einrichtungen im Land bezweckt, um eine wohnortnahe Behandlung zu ermöglichen. Gleichzeitig stärkt das neue Gesetz die Forensischen Ambulanzen im Land, die an der erfolgreichen Wiedereingliederung der untergebrachten Personen in die Gesellschaft in besonderer Weise mitwirken.