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Fachkräfte und Industrie 4.0 - Lehrfabrik BANG im Kreis Gütersloh

Foto: Zwei junge Männer

Auf hohem Niveau qualifizieren - Lehrfabrik BANG Industrielle Informatik eröffnet

Chance für kleine und mittlere Betriebe der metallverarbeitenden Branche im Kreis Gütersloh, Fachkräfte und Auszubildenden auf die Anforderungen von Industrie 4.0 vorzubereiten

Digitalisierung braucht Qualifizierung. Im ostwestfälischen Verl nahm die Lehrfabrik BANG Industrielle Informatik den Betrieb auf. In der hochmodernen Lehr- und Lerneinrichtung werden Auszubildende, Ausbilder und Fachkräfte auf die Entwicklungen der Industrie 4.0 vorbereitet. Das Konzept entstand im Rahmen eines Projekts des Fachkräfteaufrufs NRW, gefördert mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung. Bericht und Fotogalerie.

Die richtige Antwort auf die Digitalisierung heißt Qualifizierung. Beispielhaft dafür steht jetzt die Lehrfabrik BANG Industrielle Informatik im nordrhein-westfälischen Verl. Mit ihrer Eröffnung am 12. September 2017 erhalten kleine und mittelständische Betriebe der metallverarbeitenden Branche im Kreis Gütersloh die Chance, ihre Fachkräfte und Auszubildenden auf die Anforderungen von Industrie 4.0 vorzubereiten und auf hohem Niveau zu qualifizieren.

Überbetriebliches Ausbildungsnetzwerk

Schon seit Jahren existiert in Ostwestfalen-Lippe „BANG“ das „Berufliche AusbildungsNetzwerk im Gewerbebereich“, in der ganzen Region bekannt für seine gute Ausbildungsqualität in industriellen Metallberufen. Mit zur Zeit über 760 betreuten Ausbildungsverhältnissen und mehr als 320 Mitgliedsbetrieben ist „BANG“ heute der größte Metallausbilder in Nordrhein-Westfalen.

Jetzt wurde das Ausbildungszentrum um die neue Lehrfabrik „BANG Industrielle Informatik“ erweitert, mit einem Maschinen- und Anlagenpark auf neuestem technologischen Stand. Das inhaltliche Konzept der Einrichtung wurde im Projekt „MINT Pro“ des Fachkräfteaufrufs entwickelt, was zeigt: Digitalisierung und Arbeit 4.0 sind wesentliche Bestandteile der Landespolitik in NRW.
„Das Projekt vereint neueste Technik und Ausstattung mit darauf ausgelegten, neu entwickelten Qualifizierungsmodulen und einem modernen Lehrkonzept und setzt so beispielhaft die Ziele des Fachkräfteaufrufs der Landesregierung um“, sagt Deniz Özkan, Leiter des Referats „Recht der beruflichen Bildung und Fachkräfte“ im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales, in dessen Verantwortungsbereich die Projektförderung fällt. „Damit ist die BANG Lehrfabrik ein Leuchtturmprojekt, das zeigt wie berufliche Bildung im Zeitalter der Digitalisierung aussehen kann und welchen wichtigen Beitrag sie für die erfolgreiche Gestaltung des digitalen Wandels leisten kann.“

Reale Geschäftsprozesse

„Die Ausbildung von Nachwuchskräften ist sicher ein gutes Mittel, um dem Fachkräftemangel vorzubeugen“, sagt Markus Kamann, Geschäftsführer der Gesellschaft für Projektierungs- und Dienstleistungsmanagement (gpdm mbH), die konzeptionell und administrativ für die Lehrfabrik verantwortlich ist, „aber um weiterhin erfolgreich im Markt zu sein, müssen kleine und mittlere Unternehmen auch die Chancen der Digitalisierung und Vernetzung nutzen, und dazu müssen sie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter qualifizieren.“

Genau das geschieht in der neuen Lehrfabrik, deren Angebot sich an Auszubildende und Ausbilder genauso richtet wie an Beschäftigte in den Betrieben, an Industrieelektriker oder Mechatroniker zum Beispiel oder an Elektroniker für Automatisierungstechnik. Qualifizieren lassen können sich Teilnehmende in der Lehrfabrik etwa zum Spezialisten für Generative Fertigung. Markus Kamann: „Diese Schulung bietet den Einstieg in die neue Welt des Rapid Prototyping, also schneller Fertigungsverfahren, bei denen CAD-Daten direkt in Werkstücke umgesetzt werden.“

Die in der Lehrfabrik installierten Prozesse entsprechen denen in hochmodernen Industrieunternehmen. Markus Kamann: „Anhand von Real-Aufträgen wird die gesamte Kette von der Ressourcen- und Projektplanung über die Konstruktion, die Programmierung der Maschinen und den Prototypenbau bis hin zum fertigen Produkt und zur Qualitätskontrolle durchlaufen.“ Das betrifft die Produktion von flugfähigen Drohnen genauso wie die von Küchenschränken, wobei das Produkt auf Kundenwunsch auch höchst individuell ausfallen kann.

Hier, in der Lehrfabrik, eignen sich die Teilnehmenden unter Anleitung eines Teams aus Ingenieur, Meister und Betriebswirt nicht nur das notwendige Fachwissen im Umfeld moderner Anlagen an, sondern übernehmen auch ein hohes Maß an Eigenverantwortung. Markus Kamann: „Immer mit dabei ist die Möglichkeit des (kontrollierten und didaktisch reflektierten) Scheiterns, was der realen Praxis entspricht. Die Teilnehmenden erwerben so auch wertvolle Erfahrungen im Bereich der Reflexion und des Qualitätsmanagements.“

Branchenspezifische Module

Acht Themenkomplexe umfassen die Schulungen. Im Themenkomplex „Metall-Vorrichtungsbau für Mechatroniker“ geht es zum Beispiel um die Konstruktion eines Robotergreifers. Weitere Themenkomplexe sind etwa die Grundlagen der Elektro- und Sicherheitstechnik, der Schaltschrankbau, Steuerungstechnik, Roboterprogrammierung sowie moderne Service- und Wartungstechnologien.

Zugeordnet sind den einzelnen Themenkomplexen heute bereits mehr als 60 branchenspezifische Lernmodule zwischen ein und zwölf Tagen - und ihre Zahl wächst, denn sie zu entwickeln und zu erproben ist eine der zentralen Aufgaben der Lehrfabrik. Module für „Industrial Security“ zum Beispiel sind „Firewall“, „Trusted Wireless“, „Web-Services“ und „Trusted GSM“, wobei GSM für Global System for Mobile Communication steht. „Alle Bausteine“, sagt Markus Kamann, „lassen sich systematisch zu Lehrgängen zusammenstellen und individuell dem Bedarf jedes einzelnen Teilnehmers anpassen. Haben sich die Formate bewährt, werden sie in unseren Regelbetrieb übernommen.“

Die Entwicklung und Erprobung von Qualifizierungsmodulen ist nur eins von vielen innovativen Elementen der Lehrfabrik. Andere sind beispielsweise das Arbeiten in altersgemischten Teams, die Bearbeitung realer Aufträge sowie das Zusammenwirken in kleinen Lerngruppen mit sechs Teilnehmenden, „was das Lernen teuer macht, aber auch interessant und effektiv.“

Auszubildende, Ausbilder und Beschäftigte, ist der Initiator überzeugt, sind nach Absolvieren der Lehrgänge in der Lage, „den digitalen Wandel in einer humanen Arbeitswelt mitzugestalten, die Zukunftsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der Unternehmen zu steigern und gleichzeitig ihre eigenen Beschäftigungschancen zu erhöhen. Die exakte Abbildung realer Geschäftsprozesse in der Industrie jedenfalls garantiert eine praxisnahe Schulung der Teilnehmenden und sorgt für eine hohe Akzeptanz bei den Betrieben.“

Gewinn für die Region

Getragen wird die BANG Lehrfabrik Industrielle Informatik von einem komplexen Netzwerk engagierter Akteure, im Kern acht mittelständischen Unternehmen aus der Region, die selber Mitarbeiter schulen lassen. Unterstützer und Förderer sind die IHK Ostwestfalen zu Bielefeld, die Wirtschaftsförderungsgesellschaft im Kreis Gütersloh sowie das zdi Zentrum Pro MINT, die Initiative für Beschäftigung OWL, die Fachhochschule Bielefeld sowie die Agentur für Arbeit und das Jobcenter Gütersloh, wenn es um die Erstausbildung und Umschulung von SGB II-Empfängern für den ersten Arbeitsmarkt geht.

Gute Voraussetzungen also für den Transfer der Erkenntnisse und Formate in die Region, wozu auch Informationsveranstaltungen mit dem Titel „Brücken zur Industrie 4.0“ für je 20 Unternehmen aus der Region ihren Beitrag leisten.  

„Der Gewinn für die Region OWL“, fasst Melanie Taube, stellvertretende Leiterin der Regionalagentur OWL, den Mehrwert der neu eröffneten Lehrfabrik zusammen, „liegt in der beispielhaften Umsetzung einer Bildungseinrichtung, die gezielt die Förderung der arbeitsplatzbezogenen Kompetenzen von Beschäftigten im Kontext der Digitalisierung in den Mittelpunkt stellt. Erkenntnisse, Herangehensweise und didaktische Erfahrungen können ausgewertet und innerhalb der Region transferiert werden. Im Zusammenspiel mit dem Spitzencluster it´s OWL werden kleine Unternehmen mitgenommen und in ihrer Wirtschaftskraft gestärkt, die nicht an den Entwicklungen an der Schnittstelle zwischen Forschung und Industrie beteiligt sind. Die Lehrfabrik ergänzt die universitären Ausbildungsstrukturen in der Region wie Universitäten, Fachhochschulen und insbesondere die Smart Factory OWL insoweit, dass sie die digitalen Aspekte der dualen Ausbildungen und Fortbildungen auch für nichtakademisches Personal in den Betrieben in den Focus nimmt.“

Das alles zeigt: Mit dem „BANG Zentrum für Industrielle Informatik“, wie Markus Kamann die Lehrfabrik nennt, ist Ostwestfalen-Lippe bestens vorbereitet auf das Zeitalter der Digitalisierung.