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Foto: Teilnehmerin Jaqueline mit Hund

„Wir klären Probleme und unterstützen erste Schritte in die Arbeitswelt.“ Berufsbildungswerk Bethel beteiligt sich am Modellprojekt

Modellprojekt "Chance Zukunft", gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) – Berufsbildungswerk Bethel setzt das Projekt in Kooperation mit den Jobcentern Bielefeld, Warendorf und Gütersloh um

Das Berufsbildungswerk (BBW) Bethel beteiligt sich am Modellprojekt "Chance Zukunft". Langzeitarbeitslose junge Menschen erhalten intensives Coaching und werden unterstützt, Wege für ihre persönliche Stabilisierung und berufliche Zukunft zu entwickeln. Regelmäßiger Austausch befördert die gute Kooperation von Berufsbildungswerk und Jobcenter. Es profitieren: die Teilnehmenden.

Aufsuchende Sozialarbeit und Coaching für die Teilnehmenden im Fokus der Projektumsetzung

Das Berufsbildungswerk (BBW) Bethel setzte das ESF-geförderte Modellprojekt "Chance Zukunft" in Kooperation mit den Jobcentern der Stadt Bielefeld und der Kreise Gütersloh und Warendorf um. Während der Projektlaufzeit wurden 62 Teilnehmende betreut. Das Angebot richtet sich an arbeitsmarktferne, mit Problemen und Hemmnissen belastete junge Menschen im Alter von 18 bis 35 Jahren. Ziel ist es, sie für Angebote der Jobcenter oder weiterer Hilfesysteme und für den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt (wieder) erreichbar zu machen.

Das Konzept zum Modellprojekt "Chance Zukunft" hat das BBW Bethel mitentwickelt und ist seit dem Start 2015 als Projektträger beteiligt. In dem weitläufigen westfälischen Einzugsgebiet spielen aufsuchende Sozialarbeit und intensive Einzelbegleitung eine zentrale Rolle. Vier sozialpädagogische Fachkräfte sowie eine Psychologin des BBW begleiten die Teilnehmenden durch persönliches Coaching und stärken sie, Wege für ihre berufliche Zukunft zu entwickeln und erste Schritte in die Arbeitswelt zu unternehmen. Enge Kooperation und gemeinsame Supervision mit den Jobcentern tragen zur erfolgreichen Umsetzung bei.

Beim Berufsbildungswerk Bethel leitet Martina Steinbauer das Modellprojekt "Chance Zukunft". Die Probleme von jungen Menschen, die auf dem Weg zwischen Schule und Arbeitswelt den Anschluss „verloren“ haben und für Hilfeangebote kaum noch erreichbar sind, kennt sie als ehemalige Mitarbeiterin eines Jobcenters genau. Das Modellprojekt, sagt sie deshalb mit Blick auf neue Lösungsansätze, schließe eine „Lücke“ im Angebotsspektrum der Jobcenter und ermögliche, ohne Zeit- und Vermittlungsdruck auf die Teilnehmenden einzugehen. Das Positive an "Chance Zukunft" sei der individuelle Betreuungsansatz und dass es ausreichend Zeit gebe: „Man kann Vertrauen aufbauen und die Bedarfe der Einzelnen bearbeiten, ohne sofort die Überleitung in die nächste Maßnahme zu fokussieren.“

„Viele Teilnehmende brauchen einfach mehr Zeit, um ihre persönlichen Schwierigkeiten anzugehen und neue Wege zu entwickeln.“

Richtig und notwendig sei, dass junge Menschen bis 35 Jahre einbezogen werden können. Denn die meisten Teilnehmenden, so die Erfahrung der Projektleiterin, seien durch persönliche Probleme und vielfältige Erfahrungen des Scheiterns belastet und daher oftmals in ihrer Entwicklung verzögert. Familiäre Schwierigkeiten, gesundheitliche und psychische Beeinträchtigungen, soziale Isolation und fehlende Schulabschlüsse sind häufig anzutreffen. „Viele Teilnehmende brauchen einfach mehr Zeit, um ihre persönlichen Schwierigkeiten anzugehen und neue Wege zu entwickeln.“

Entscheidend für eine gelingende Umsetzung sei auch die Professionalität der begleitenden Fachkräfte. „Unsere Coaches bauen enge Arbeitsbeziehungen auf, die mit professioneller Distanz zu halten sind.“ Für die Einzelberatung seien die Coaches viel unterwegs und begleiten die Teilnehmenden zu weiteren Hilfeangeboten. Das seien häufig Zahnarzt- oder Therapiebesuche, aber auch zu den betrieblichen Praktika brauchen die Teilnehmenden Begleitung.

„Erfolg“, sagt Martina Steinbauer mit Blick auf die arbeitsmarktferne und schwer erreichbare Zielgruppe, „ist für uns, wenn es gelingt, die Probleme zu klären und erste niedrigschwellige Schritte in die Arbeitswelt zu eröffnen.“

Supervision unterstützt gute Zusammenarbeit von Jobcenter und Berufsbildungswerk

Für Doris Friese, Fallmanagerin und Projektkoordinatorin beim Jobcenter Gütersloh, ist der Erfolg des Modellprojekts eindeutig: „Wir sind überrascht, wie viele Personen erreicht und für weitere Hilfeangebote aufgeschlossen werden können. Schließlich überweisen wir Kundinnen und Kunden, bei denen wir mit unserem Latein am Ende sind und nicht mehr weiter wissen.“ Das Berufsbildungswerk mit seinem beruflichen Erprobungsangebot und seiner Erfahrung im Umgang mit schwierigen Zielgruppen sei viel flexibler „als wir mit unseren Jobcenter-Instrumenten“.

Besonders schätzt die Jobcenter-Beraterin die regelmäßige Supervision, an der sich das Berufsbildungswerk und die Jobcenter im Rahmen des Modellprojekts beteiligen und gemeinsam Fallbeispiele besprechen. „Wir profitieren sehr von der Supervision und erweitern dadurch unser Fachwissen. Das trägt zur guten Zusammenarbeit bei.“

Coaching und intensive Begleitung – Erfahrungen von Teilnehmenden

Eine derjenigen Teilnehmenden, die für das Jobcenter nicht mehr erreichbar waren, ist die 35-jährige Sonja. Trotz abgeschlossener Ausbildung als Hauswirtschafterin ist sie seit langem arbeitslos. Belastet mit familiären Pflegeaufgaben und eingeschränkt durch gesundheitliche Probleme lebt sie seit vielen Jahren sozial zurückgezogen im Haus ihrer Mutter. Durch die intensive Unterstützung im Projekt hat sich ihre persönliche Situation stabilisiert und sie bereitet sich auf die Führerscheinprüfung vor. Zusammen mit ihrem Coach Silke Fricke kann sie nun auch die nächsten Schritte in Richtung Arbeitsmarkt unternehmen und sich auf Stellenangebote bewerben. „Sie hat sich durch das Projekt unglaublich weiterentwickelt, das freut mich“, sagt Doris Friese über ihre Jobcenter-Kundin, die sie seit sieben Jahren betreut.

Über ihre positive Erfahrung im Projekt sagt Sonja selbst: „Ich bin selbstbewusster geworden und habe gelernt, mich um meine persönliche und berufliche Zukunft zu kümmern. Ich bin gelernte Hauswirtschafterin. Und wenn ich den Führerschein habe, bin ich mobil genug für eine Stelle in einem Hotel oder in einem Altenpflegeheim.“

„Durch das Projekt habe ich endlich den Ansporn, etwas aus meinem Leben zu machen."

Ganz so weit ist Jaqueline aus dem Kreis Warendorf, 25 Jahre alt, ohne Schulabschluss und einige Zeit obdachlos, noch nicht. Durch das intensive Coaching ist sie aber auf gutem Weg, sich eine persönliche und berufliche Zukunft zu erschließen. „Durch das Projekt habe ich endlich den Ansporn, etwas aus meinem Leben zu machen. Ich habe im Berufsbildungswerk einiges ausprobieren können und ich habe eine Begleiterin, mit der ich reden kann und die mir bei Problemen weiterhilft. Wenn ich so weit bin, das weiß ich jetzt, möchte ich gern mit Tieren arbeiten.“

Coach Christina Müller-Mathiak bestätigt die Entwicklungsschritte ihrer Klientin, die sie zur Beratung regelmäßig in ihrer ländlichen Wohngemeinschaft aufsucht. „Jaqueline ist eine meiner zuverlässigsten Teilnehmerinnen. Sie war lange nicht sesshaft und musste Tagesstrukturen neu erlernen. Wir arbeiten jetzt an einer längerfristigen Perspektive, auch wenn das eine Weile brauchen wird. Ich bin zuversichtlich, sie wird es schaffen."

Berufsbildungswerke (BBW) bieten für junge Menschen mit Behinderung Möglichkeiten der Erstausbildung und Berufsvorbereitung. Im Rahmen des Modellprojekts "Chance Zukunft" öffnen sich die Berufsbildungswerke in NRW für weitere Zielgruppen.

Das Berufsbildungswerk Bethel gehört zum Stiftungsbereich Arbeit und Berufliche Rehabilitation proWerk der v. Bodelschwingschen Stiftungen Bethel, die unter der Stiftungsaufsicht der Evangelischen Kirche von Westfalen stehen. Der Stiftungsbereich Arbeit und Berufliche Rehabilitation proWerk hat den Auftrag, Menschen mit Behinderung oder Benachteiligung berufliche und damit verbundene soziale Teilhabe zu ermöglichen.