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Modellprojekt "Chance Zukunft" - BBW Benediktushof

Foto: Ein Mädchen steht vor einer Maschine

„Wir brauchen langen Atem.“ Berufsbildungswerk Benediktushof Maria Veen beteiligt sich am Modellprojekt

Modellprojekt "Chance Zukunft", gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) – Berufsbildungswerk Benediktushof Maria Veen setzt das Projekt in Kooperation mit den Jobcentern der Kreise Borken und Coesfeld um

Das Modellprojekt "Chance Zukunft" stärkt langzeitarbeitslose junge Menschen für die Rückkehr in Schule, Ausbildung oder Arbeit. Das Berufsbildungswerk Benediktushof Maria Veen im Münsterland begleitet die jungen Menschen und befähigt sie, Wege für ihre berufliche Zukunft zu finden. Das braucht langen Atem, aber zeigt: Das Modellprojekt wirkt.

Empowerment zur Teilhabe – persönliches und berufliches Coaching mit der Lebenswelt der Teilnehmenden verknüpfen

Im Münsterland wird das ESF-geförderte Modellprojekt "Chance Zukunft" vom Berufsbildungswerk (BBW) Benediktushof Maria Veen in Reken durchgeführt und in Kooperation mit den Jobcentern der Kreise Coesfeld und Borken seit 2015 umgesetzt. Das BBW hat insgesamt 38 Teilnehmende während der Projektlaufzeit betreut. Mit Hilfe von "Chance Zukunft" gelingt hier vielen Teilnehmenden der (Wieder-)Einstieg in Arbeit oder Ausbildung.

Sozialpädagogische Fachkräfte begleiten die in der Regel arbeitsmarktfernen und häufig mit privaten Problemen und Hemmnissen belasteten jungen Menschen im Alter von 18 bis 35 Jahren. Durch umfassendes persönliches und berufliches Coaching eröffnen sie den Teilnehmenden reale Zukunftschancen. Durch Empowerment, Selbstbefähigung, werden sie ermutigt und unterstützt, in Schule, Ausbildung oder Arbeit (wieder) einzusteigen oder für Angebote der Jobcenter, Arbeitsagenturen und andere Unterstützungsdienste (wieder) erreichbar zu sein.

Begleitung und Unterstützung durch sozialpädagogische Fachkräfte

Ein solches Empowerment zu Teilhabe und Integration braucht langen Atem, daran lassen Verena Heistermann und Berthold Nienhaus, Mitarbeiter im BBW Benediktushof und Coaches im Modellprojekt, keinen Zweifel. Vor allem zu Beginn sei es wichtig, Vertrauen aufzubauen, damit die Teilnehmenden sich auf das Unterstützungsangebot einlassen und darin nicht nur „eine weitere Maßnahme“ sehen.

„Bei unseren Klientinnen und Klienten sitzen Skepsis und Misstrauen tief. Deshalb legen wir Wert auf Freiwilligkeit und treffen uns vorrangig an öffentlichen Orten wie etwa Cafés, die gut erreichbar sind und wo man jederzeit auch aufstehen und wieder gehen kann.“ Diese Form der aufsuchenden Sozialarbeit sei für die Teilnehmenden sehr wichtig, betonen die beiden Sozialpädagogen. Viele seien erstaunt, „dass wir sie erst einmal nach ihrer persönlichen Situation fragen, also an ihrer Lebenswelt anknüpfen, ohne gleich Maßnahmenwege vorzugeben.“ „Wir tun etwas für sie, das wissen sie schnell wertzuschätzen und bleiben meistens dran“, so die bisherige Erfahrung.

Vor der beruflichen Orientierung sind in der Regel vielfältige persönliche Schwierigkeiten zu bearbeiten, die nicht selten zum Rückzug beigetragen und eine (Re-)Integration in die Arbeitswelt erschwert haben. Verschuldungen, Spiel- und Internetsucht, Drogenmissbrauch, aber auch fehlende Schulabschlüsse, gesundheitliche Probleme oder familiärer Stress sind immer wieder zentrale Themen.

„Bei unserer Klientel ist das Problem im Umgang mit Drogen nicht zu unterschätzen“, berichten Verena Heistermann und Berthold Nienhaus. Auch das Thema Verschuldung steht immer wieder im Fokus: „Verdrängen und Vergessen ist bei vielen Teilnehmenden ausgeprägt. Manche haben einen Aktenordner voll mit Mahnungen und unbezahlten Rechnungen, darunter beispielsweise der fünfte Handyvertrag oder das x-te Inkasso-Schreiben vom Stromversorger. Da sind wir zunächst häufig als Feuerwehr unterwegs. Zudem haben viele Teilnehmende mit psychischen Erkrankungen zu kämpfen, die leider häufig nicht diagnostiziert sind. In den wenigsten Fällen besteht eine Anbindung an Psychologen.“

„Für unsere Arbeit bekommen wir viel Zuspruch und Anerkennung von den Jobcentern, auch weil wir die schwierigen Fälle übernehmen."

Die Rückkehr in die Arbeitswelt erfolgt niedrigschwellig und in kleinen Schritten und erweist sich damit als erfolgreich. „Wir nehmen die Teilnehmenden gewissermaßen an die Hand, besprechen verschiedene Berufe, beraten zu Jobmöglichkeiten und bieten Möglichkeiten, sich praktisch zu erproben. Das passiert in unserer Einrichtung, aber auch außerhalb in Betrieben, mit denen der Benediktushof in der Region gut vernetzt ist“, so die Projektbegleiter.

Die Teilnehmenden verbringen im Schnitt ein gutes Jahr im Projekt, bis sie eine Anschlussperspektive gefunden haben. Die Begleitung wird danach aber nicht abrupt abgebrochen. „Wir halten den Kontakt aufrecht und stehen weiterhin als Ansprechperson bereit. Von den Jobcentern wird das ausdrücklich unterstützt, damit der Anschluss tatsächlich klappt“, so Verena Heistermann und Berthold Nienhaus.

Die Zusammenarbeit mit den Jobcentern Coesfeld und Borken bezeichnen beide als sehr positiv und kollegial. „Für unsere Arbeit bekommen wir viel Zuspruch und Anerkennung, auch weil wir die schwierigen Fälle übernehmen, bei denen die Mitarbeiter im Jobcenter längst nicht mehr weiter wissen und ratlos sind.“

Fit für die Ausbildung im Handwerk

Kristina, 24 Jahre alt und in Kasachstan geboren, ist eine derjenigen, die nicht mehr erreichbar waren und nach dem Schulabschluss „verloren“ gingen. Die junge Frau hatte mit psychischen Problemen zu kämpfen, war mehrere Jahre arbeitslos und lebte mit ihrer Familie sozial sehr zurückgezogen.

Durch die Unterstützung im Projekt "Chance Zukunft" gelangen ihr nun die persönliche Wende und der Einstieg in die Arbeitswelt. Gerade hat sie ihren Ausbildungsvertrag zur Orthopädie-Schuhmacherin unterschrieben und beginnt im Benediktushof die dreieinhalbjährige Ausbildung.

"Ich hab's geschafft. Das Projekt hat mir geholfen, Schritt für Schritt weiterzukommen."

„Für mich war klar, dass ich einen Handwerksberuf erlernen möchte. Das Projekt hat mir geholfen, Schritt für Schritt weiterzukommen und dann durch Berufsfindung und berufsvorbereitende Maßnahmen die richtige Ausbildung zu finden. Mein Coach war immer für mich da und wusste immer Rat. Dafür bin ich ihm wirklich sehr dankbar.“
Auf die kommende Ausbildungszeit freut sich Kristina und wünscht sich vor allem, „dass die Ausbildung glatt läuft und ich dann eine vernünftige Arbeit finde“. Mit so viel Zukunft hat sie nicht gerechnet und ist nun umso glücklicher: „Ich hab‘s geschafft.“

Selbstvertrauen gewonnen  – Anschluss gefunden

Mike, 29 Jahre alt, musste seine Ausbildung zum Tischler nach einer Epilepsie-Erkrankung abbrechen. Das hatte ihn für viele Jahre aus der Bahn geworfen und er war lange arbeitslos, unterbrochen von einigen Maßnahmen der Arbeitsagentur. Durch das Modellprojekt "Chance Zukunft" hat sich sein Leben wieder stabilisiert und er absolviert die schulische Ausbildung zum Sozialassistenten an einem Berufskolleg. Sein Ziel ist es, die Fachoberschulreife zu erlangen und eine Ausbildung zum Heilerziehungspfleger anzuschließen.

"Ich konnte selbst das Tempo bestimmen, das hat mir gut gefallen."

Seine Projekterfahrung ist überaus positiv: „Ich habe jetzt mehr Selbstvertrauen, weil ich während des Projektes immer einen Ansprechpartner hatte, den ich jederzeit fragen konnte. Ich konnte auch selbst das Tempo bestimmen, das hat mir gut gefallen.“ In den ersten Ausbildungsmonaten wurde Mike im Rahmen des Projekts weiter begleitet, um ihm den Übergang in die neue Situation zu erleichtern.

Zum Benediktushof hält er weiterhin Kontakt: Während des Projektes nutzte er die Chance und machte den Kletterschein. Nun begleitet er einmal monatlich eine inklusive Klettergruppe aus dem Benediktushof - und unterstützt sie tatkräftig.

Berufsbildungswerke (BBW) bieten für junge Menschen mit Behinderung Möglichkeiten der Erstausbildung und Berufsvorbereitung. Im Rahmen des Modellprojekts "Chance Zukunft" öffnen sich die Berufsbildungswerke in NRW für weitere Zielgruppen.
Das Bildungswerk Benediktushof Maria Veen wird getragen von der Benediktushof gGmbH, einer Tochter der Josefs-Gesellschaft, die als katholischer Träger Krankenhäuser, Altenheime und Einrichtungen für Menschen mit Behinderung betreibt. Zum Benediktushof in Reken/Münsterland gehören neben dem Berufsbildungswerk Wohnheime für Kinder, Jugendliche und Erwachsene sowie ambulant betreutes Wohnen und eine Werkstatt für behinderte Menschen.