Arbeit.Gesundheit.Soziales.
Mit Menschen für Menschen.

Ruhrinitiative Ausbildung in Teilzeit – Veranstaltung zum Abschluss Rita+

Übergabe der Handlungsempfehlungen, v.l.n.r.: Annika Henkel, MAGS; Maren Behlau, MAGS; Prof. Katja Brickwedde, Metis; Kristina Beckmann, Metis

Berufliche Ausbildung in Teilzeit – ein Gewinn für Unternehmen und Auszubildende

Modellprojekt Rita+, gefördert mit finanzieller Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen und des Europäischen Sozialfonds / REACT-EU als Teil Reaktion der Union auf die COVID-19-Pandemie

Die Teilzeitberufsausbildung fördern und landesweit bekannter machen – mit diesem Ziel ist das Modellprojekt Rita+ vor eineinhalb Jahren an den Start gegangen. Die Abschlussveranstaltung resümierte Ergebnisse. Im Fokus stand die Begleitstudie, die eine Reihe von Handlungsempfehlungen entwickelt hat und den Vertreterinnen des Arbeitsministeriums überreicht wurde. Es gibt (noch) viel zu tun, davon waren alle Projektbeteiligten überzeugt.
Teilzeitberufsausbildung fördern – Rita+ unterstützt Auszubildende und Unternehmen

Eine Teilzeitberufsausbildung ermöglicht Ausbildungsinteressierten, ihre individuellen Lebensumstände und ihre Berufsausbildung leichter miteinander zu vereinbaren. Unternehmen eröffnet die Teilzeitberufsausbildung die Chance, freie Ausbildungsstellen zu besetzen und motivierten Fachkräftenachwuchs zu gewinnen. Das Ausbildungsmodell kann also für beide Seiten ein Gewinn sein. Doch das ist nach wie vor wenig bekannt und bedarf besonderer Unterstützungsmaßnahmen.

Mit dem Ziel, die Teilzeitberufsausbildung stärker zu fördern und konkrete Bedarfe der Unternehmen und Ausbildungsinteressierten zu ermitteln, hat das nordrhein-westfälische Arbeitsministerium das Modellvorhaben „Ruhrinitiative Teilzeitberufsausbildung+“, kurz Rita+, auf den Weg gebracht. Die Abschlussveranstaltung in Recklinghausen versammelte noch einmal die projektbeteiligten Akteurinnen und Akteure und fasste – in Form von 16 Handlungsempfehlungen - die wesentlichen Erfahrungen und Ergebnisse zusammen.

Das Modellprojekt RITA+, vom Land Nordrhein-Westfalen mit Mitteln aus dem ESF-Programm „REACT-EU“ gefördert, wurde federführend vom Träger RE/init in Zusammenarbeit mit der Dortmunder Bildungs-, Entwicklungs- und Qualifizierungsgesellschaft (dobeq), dem Zentrum für Integration und Bildung (ZIB) sowie ihren regionalen Netzwerken und Kooperationspartnern durchgeführt. Die fachliche Begleitung erfolgte durch die Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung (G.I.B.).

Anlaufstellen zur Beratung - Kampage nutzt Social Media-Kanäle

In Dortmund, Gelsenkirchen, Recklinghausen, Bottrop/Gladbeck und Solingen entstanden insgesamt fünf Anlaufstellen. Im Rahmen des Projekts wurden hier insbesondere Menschen mit Beeinträchtigungen, Migrations- und Fluchtgeschichte und Familienverantwortung vor und während der Ausbildung beraten und persönlich begleitet. Unternehmen erhielten Informationen zur Ausbildung in Teilzeit und Unterstützung bei der Suche nach geeigneten Auszubildenden.

Begleitend zum Modellprojekt wurde eine landesweite Kampagne realisiert, die vor allem Social Media-Kanäle wie YouTube und Instagram (#ausbildung_in_teilzeit) nutzt, um über erfolgreiche Praxisbeispiele zu berichten oder mit anschaulichen Erklär-Videos zur Teilzeitberufsausbildung zu informieren. Zudem informiert die neue Website des Landes www.ausbilding-in-teilzeit.nrw zur Teilzeitberufsausbildung, die im Rahmen des Aktionsplans Teilzeitberufsausbildung entwickelt und umgesetzt wurde.

Neben den lebendigen Berichten einiger Teilnehmenden, die über das Projekt auf eine Ausbildung vorbereitet wurden, war die Vorstellung der Begleitstudie ein wesentlicher Schwerpunkt der Veranstaltung.

Begleitstudie mit Handlungsempfehlungen - Modell zur Fachkräftegewinnung stärken

Das Modellprojekt RITA+ wurde während der Projektlaufzeit bis Ende März 2023 wissenschaftlich begleitet. Ziel war es, die Bedarfe der Unternehmen sowie der jeweiligen Zielgruppen des Projekts zu ermitteln. Daraus abgeleitet waren fundierte Handlungsempfehlungen zu entwickeln, um Teilzeitberufsausbildung als Modell zur Fachkräftegewinnung zu stärken und vor allem mehr als bisher in die Breite zu bringen. Prof. Dr. Katja Brickwedde und Kristina Beckmann vom Institut Metis – Kommunikation und Analyse stellten die Begleitstudie vor und erläuterten die 16 Handlungsempfehlungen.

Die Ergebnisse bestätigen noch einmal, dass die Möglichkeiten der Teilzeitberufsausbildung bei Unternehmen wie Ausbildungsinteressierten weiterhin kaum bekannt sind und breitenwirksame Kampagnen zur Information und Sichtbarmachung, wie im Rahmen von Rita+ entwickelt, notwendig bleiben. Das spiegeln nicht zuletzt auch die Beratungs- und Vermittlungszahlen: Von insgesamt knapp 170 Teilnehmenden im Rahmen von Rita+ wurden bislang 16 Personen in Ausbildung vermittelt, für 30 weitere Teilnehmende ist der Ausbildungsstart in 2023 (noch) in Vorbereitung.

Seitens der Unternehmen bestehen Vorbehalte, auch Vorurteile, nicht nur gegenüber dem Modell Teilzeitberufsausbildung. Auch die Zielgruppen, Menschen mit Migrations- oder Fluchthintergrund, mit gesundheitlichen Einschränkungen oder mit Familienverantwortung, sind als künftige und besonders motivierte Fachkräfte (zu) wenig im Blick. Vor allem Klein- und Kleinstbetriebe tun sich mit der Teilberufsausbildung schwer und setzen auf Auszubildende als Vollzeit-Kraft. Großunternehmen sehen die Auszubildenden mehr als Lernende und sind für andere Ausbildungsmodelle in der Regel aufgeschlossener. Finanzielle Anreize, so die Empfehlung der Wissenschaftlerinnen, können vor allem kleinere Unternehmen motivieren, zusätzliche Ausbildungsplätze in Teilzeit zu schaffen.

Mit Blick auf die Bedarfe der Ausbildungsinteressierten erweisen sich vor allem die persönliche Vorbereitung und Begleitung von hoher Relevanz und ermöglichen einen erfolgreichen Einstieg in die Ausbildung, ergänzt durch zielgruppenspezifische Unterstützungsangebote wie Sprachlernangebote oder das Ermöglichen praktischen Erfahrungen im gewünschten Beruf. Weniger auf die Bedarfe der Teilzeitauszubildenden zugeschnitten sind dagegen die Lehrpläne der Berufsschulen. Hier empfehlen die Wissenschaftlerinnen neue flexiblere, auch hybride Modelle zu entwickeln.

Teilzeitberufsausbildung - ein Modell, um Fachkräfte zu gewinnen

„Wir wünschen uns, dass Ausbildung in Teilzeit deutlich mehr sichtbar wird, nicht als Ausbildung minus, sondern als Ausbildung plus und als Innovationstreiber, um neue Zielgruppen aufzuschließen, die so viel Motivation und Leidenschaft für eine Ausbildung mitbringen“ resümierte Prof. Katja Brickwedde die Ergebnisse der Begleitstudie und der daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen.

Zum Abschluss der Veranstaltung bekamen die Vertreterinnen des nordrhein-westfälischen Arbeitsministeriums die 16 Handlungsempfehlungen überreicht. Maren Behlau und Annika Henkel, MAGS, dankten für die erfolgreiche Projektarbeit und das große Engagement aller Beteiligten. „Die Handlungsempfehlungen geben wertvolle Orientierung und wir nehmen sie gerne mit.“ Mit der Info-Website zur Teilzeitberufsausbildung (TZBA) werbe die Landesregierung weiterhin intensiv für das Ausbildungsmodell. „Teilzeitberufsausbildung bekommt in Nordrhein-Westfalen die Aufmerksamkeit, die sie als flexibles und attraktives Ausbildungsmodell zur Fachkräftegewinnung verdient.“